Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

mit einer Heftigkeit an, die durch die Seele
gieng:
"Alle gute Geister loben Gott den
Herrn."

Die Pastorin versicherte, daß sie bey ei-
nem Geister-Rauschen eine holde Stimme
vernommen "ich auch!" Je näher zum
Tode, je mehr sprach sie mit diesem guten
Geiste, der sich ich auch genannt hatte, wie
die Pastorin versichert. Sie sprach mit ihm,
wie mit ihrem Seelenträger, mit ihrem Rei-
segefehrten, und war so froh, an seiner Hand
in Abrahams Schoos zu kommen und die
Krone der Gerechtigkeit zu empfahen, daß
sie den glühenden Fegofen, die Löwengrube
der Trübsale, nicht achtete. "Aber der En-
"gel Gottes, sagte sie zur Pastorin, führt
"mich zu einem Wasserbrunnen, daß ich beym
"Leben erhalten werde. Er lagert sich um
"die her, so den Herrn fürchten und hilft
"ihnen aus."

Der Schmerz ist weg, fieng sie zu der
Pastorin nach einer Weile an, aber die Seele,
die Seele! thut mir sehr sehr weh! Sie
hat sich an der Melodie des Körpers zu sehr
gewöhnt.

Die
H 2

mit einer Heftigkeit an, die durch die Seele
gieng:
„Alle gute Geiſter loben Gott den
Herrn.“

Die Paſtorin verſicherte, daß ſie bey ei-
nem Geiſter-Rauſchen eine holde Stimme
vernommen „ich auch!“ Je naͤher zum
Tode, je mehr ſprach ſie mit dieſem guten
Geiſte, der ſich ich auch genannt hatte, wie
die Paſtorin verſichert. Sie ſprach mit ihm,
wie mit ihrem Seelentraͤger, mit ihrem Rei-
ſegefehrten, und war ſo froh, an ſeiner Hand
in Abrahams Schoos zu kommen und die
Krone der Gerechtigkeit zu empfahen, daß
ſie den gluͤhenden Fegofen, die Loͤwengrube
der Truͤbſale, nicht achtete. „Aber der En-
„gel Gottes, ſagte ſie zur Paſtorin, fuͤhrt
„mich zu einem Waſſerbrunnen, daß ich beym
„Leben erhalten werde. Er lagert ſich um
„die her, ſo den Herrn fuͤrchten und hilft
„ihnen aus.“

Der Schmerz iſt weg, fieng ſie zu der
Paſtorin nach einer Weile an, aber die Seele,
die Seele! thut mir ſehr ſehr weh! Sie
hat ſich an der Melodie des Koͤrpers zu ſehr
gewoͤhnt.

Die
H 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0121" n="115"/>
mit einer Heftigkeit an, die durch die Seele<lb/>
gieng:<lb/><hi rendition="#et">&#x201E;Alle gute Gei&#x017F;ter loben Gott den<lb/>
Herrn.&#x201C;</hi></p><lb/>
        <p>Die Pa&#x017F;torin ver&#x017F;icherte, daß &#x017F;ie bey ei-<lb/>
nem Gei&#x017F;ter-Rau&#x017F;chen eine holde Stimme<lb/>
vernommen &#x201E;ich auch!&#x201C; Je na&#x0364;her zum<lb/>
Tode, je mehr &#x017F;prach &#x017F;ie mit die&#x017F;em guten<lb/>
Gei&#x017F;te, der &#x017F;ich <hi rendition="#fr">ich auch</hi> genannt hatte, wie<lb/>
die Pa&#x017F;torin ver&#x017F;ichert. Sie &#x017F;prach mit ihm,<lb/>
wie mit ihrem Seelentra&#x0364;ger, mit ihrem Rei-<lb/>
&#x017F;egefehrten, und war &#x017F;o froh, an &#x017F;einer Hand<lb/>
in Abrahams Schoos zu kommen und die<lb/>
Krone der Gerechtigkeit zu empfahen, daß<lb/>
&#x017F;ie den glu&#x0364;henden Fegofen, die Lo&#x0364;wengrube<lb/>
der Tru&#x0364;b&#x017F;ale, nicht achtete. &#x201E;Aber der En-<lb/>
&#x201E;gel Gottes, &#x017F;agte &#x017F;ie zur Pa&#x017F;torin, fu&#x0364;hrt<lb/>
&#x201E;mich zu einem Wa&#x017F;&#x017F;erbrunnen, daß ich beym<lb/>
&#x201E;Leben erhalten werde. Er lagert &#x017F;ich um<lb/>
&#x201E;die her, &#x017F;o den Herrn fu&#x0364;rchten und hilft<lb/>
&#x201E;ihnen aus.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Schmerz i&#x017F;t weg, fieng &#x017F;ie zu der<lb/>
Pa&#x017F;torin nach einer Weile an, aber die Seele,<lb/>
die Seele! thut mir &#x017F;ehr &#x017F;ehr weh! Sie<lb/>
hat &#x017F;ich an der Melodie des Ko&#x0364;rpers zu &#x017F;ehr<lb/>
gewo&#x0364;hnt.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">H 2</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0121] mit einer Heftigkeit an, die durch die Seele gieng: „Alle gute Geiſter loben Gott den Herrn.“ Die Paſtorin verſicherte, daß ſie bey ei- nem Geiſter-Rauſchen eine holde Stimme vernommen „ich auch!“ Je naͤher zum Tode, je mehr ſprach ſie mit dieſem guten Geiſte, der ſich ich auch genannt hatte, wie die Paſtorin verſichert. Sie ſprach mit ihm, wie mit ihrem Seelentraͤger, mit ihrem Rei- ſegefehrten, und war ſo froh, an ſeiner Hand in Abrahams Schoos zu kommen und die Krone der Gerechtigkeit zu empfahen, daß ſie den gluͤhenden Fegofen, die Loͤwengrube der Truͤbſale, nicht achtete. „Aber der En- „gel Gottes, ſagte ſie zur Paſtorin, fuͤhrt „mich zu einem Waſſerbrunnen, daß ich beym „Leben erhalten werde. Er lagert ſich um „die her, ſo den Herrn fuͤrchten und hilft „ihnen aus.“ Der Schmerz iſt weg, fieng ſie zu der Paſtorin nach einer Weile an, aber die Seele, die Seele! thut mir ſehr ſehr weh! Sie hat ſich an der Melodie des Koͤrpers zu ſehr gewoͤhnt. Die H 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/121
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/121>, abgerufen am 24.11.2024.