len, um alles nicht, in Fällen nehmlich, wo der Mensch so recht in seinen Sünden ohne Zeit und Raum, sich in Ordnung zu legen, dahin stirbt, dahin -- Zwar, fuhr der Graf fort, zwar hab' ich selbst zwey Brüder, die auf diesem so genannten Bette der Ehren ge- blieben sind, und ich hoffe sie gewis in der see- ligen Ewigkeit zu treffen; indessen ist nichts richtiger, als daß der Baum, wie er fält, liegen bleibe. Da liegt der Grund von mei- nem Grundsatz. Warlich, lieber Leser, das war das Motto zu dem Zimmer, in das ich euch ein -- und die gnädige Frau v. --, die eben jetzo schon ein englisch Tänzchen macht, ausgeführet habe, obgleich die gute Frau, unter uns gesagt, über ein kleines auch ein Todtenkopf werden wird, und ins Ohr gesagt, schon jetzt halb einer ist -- und diese Köpfe? So hab' ich schon einmal gefragt, und so werd' ich noch oft fragen, und immer drauf antworten, o Freunde, wie werth zu sehen, wie werth! Wer kann sie aber ohne Verlust beschreiben? Wer? Ein Gemählde von andern Gemählden ist Copie, ist todt an ihm selbst, ist kalt von kalt -- wie -- der eine Kopf als früg' er: wo kam ich hin? so bescheiden gefragt, daß es ihm gleich war,
wohin
len, um alles nicht, in Faͤllen nehmlich, wo der Menſch ſo recht in ſeinen Suͤnden ohne Zeit und Raum, ſich in Ordnung zu legen, dahin ſtirbt, dahin — Zwar, fuhr der Graf fort, zwar hab’ ich ſelbſt zwey Bruͤder, die auf dieſem ſo genannten Bette der Ehren ge- blieben ſind, und ich hoffe ſie gewis in der ſee- ligen Ewigkeit zu treffen; indeſſen iſt nichts richtiger, als daß der Baum, wie er faͤlt, liegen bleibe. Da liegt der Grund von mei- nem Grundſatz. Warlich, lieber Leſer, das war das Motto zu dem Zimmer, in das ich euch ein — und die gnaͤdige Frau v. —, die eben jetzo ſchon ein engliſch Taͤnzchen macht, ausgefuͤhret habe, obgleich die gute Frau, unter uns geſagt, uͤber ein kleines auch ein Todtenkopf werden wird, und ins Ohr geſagt, ſchon jetzt halb einer iſt — und dieſe Koͤpfe? So hab’ ich ſchon einmal gefragt, und ſo werd’ ich noch oft fragen, und immer drauf antworten, o Freunde, wie werth zu ſehen, wie werth! Wer kann ſie aber ohne Verluſt beſchreiben? Wer? Ein Gemaͤhlde von andern Gemaͤhlden iſt Copie, iſt todt an ihm ſelbſt, iſt kalt von kalt — wie — der eine Kopf als fruͤg’ er: wo kam ich hin? ſo beſcheiden gefragt, daß es ihm gleich war,
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len, um alles nicht, in Faͤllen nehmlich, wo
der Menſch ſo recht in ſeinen Suͤnden ohne
Zeit und Raum, ſich in Ordnung zu legen,
dahin ſtirbt, dahin — Zwar, fuhr der Graf
fort, zwar hab’ ich ſelbſt zwey Bruͤder, die
auf dieſem ſo genannten Bette der Ehren ge-
blieben ſind, und ich hoffe ſie gewis in der ſee-
ligen Ewigkeit zu treffen; indeſſen iſt nichts
richtiger, als daß der Baum, wie er faͤlt,
liegen bleibe. Da liegt der Grund von mei-
nem Grundſatz. Warlich, lieber Leſer, das
war das Motto zu dem Zimmer, in das ich
euch ein — und die gnaͤdige Frau v. —,
die eben jetzo ſchon ein engliſch Taͤnzchen
macht, ausgefuͤhret habe, obgleich die gute
Frau, unter uns geſagt, uͤber ein kleines auch
ein Todtenkopf werden wird, und ins Ohr
geſagt, ſchon jetzt halb einer iſt — und dieſe
Koͤpfe? So hab’ ich ſchon einmal gefragt,
und ſo werd’ ich noch oft fragen, und immer
drauf antworten, o Freunde, wie werth zu
ſehen, wie werth! Wer kann ſie aber ohne
Verluſt beſchreiben? Wer? Ein Gemaͤhlde
von andern Gemaͤhlden iſt Copie, iſt todt an
ihm ſelbſt, iſt kalt von kalt — wie — der
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/80>, abgerufen am 23.11.2024.
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