Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

den sie Gretchen, eben da sie in die Kirche
trat, aufsetzten. Der Organist, der entwe-
der auf ein Praeludium nicht denken können,
oder der dem Gesang durchs Praeludium nicht
zu nahe treten wollte, fieng bey unserm Ein-
tritt singend und spielend an:

Was Gott thut, das ist wohlgethan,
Es bleibt gerecht sein Wille.

Eben so begann Minens Begräbnis -- und
diese Erinnerung, wie bewegte sie mich! --

Der Prediger war gerades Weges auf
den Altar gegangen. -- Wir andern stan-
den rund herum -- Nach den Worten:

Drum laß ich ihn nur walten, als
den letzten des Gesanges, fieng er so zu reden
an, als ob er sich mit uns unterhalten wollte.

"Hätten Sie sichs wohl vorgestellt, lie-
"ber Freund!" so ungefehr war sein Anfang,
"daß Sie, was Gott thut, das ist wohlge-
"than, in unserm lieben L -- bey einer Hoch-
"zeit singen würden?" Eben wollt' ich ant-
worten: nimmermehr, lieber Pastor, da er
feierlicher fortfuhr: "und doch lag dieses:
"Was Gott thut, das ist wohlgethan, in je-
"nem: was Gott thut, das ist wohlge-
"than." --

Der

den ſie Gretchen, eben da ſie in die Kirche
trat, aufſetzten. Der Organiſt, der entwe-
der auf ein Praeludium nicht denken koͤnnen,
oder der dem Geſang durchs Praeludium nicht
zu nahe treten wollte, fieng bey unſerm Ein-
tritt ſingend und ſpielend an:

Was Gott thut, das iſt wohlgethan,
Es bleibt gerecht ſein Wille.

Eben ſo begann Minens Begraͤbnis — und
dieſe Erinnerung, wie bewegte ſie mich! —

Der Prediger war gerades Weges auf
den Altar gegangen. — Wir andern ſtan-
den rund herum — Nach den Worten:

Drum laß ich ihn nur walten, als
den letzten des Geſanges, fieng er ſo zu reden
an, als ob er ſich mit uns unterhalten wollte.

„Haͤtten Sie ſichs wohl vorgeſtellt, lie-
„ber Freund!“ ſo ungefehr war ſein Anfang,
„daß Sie, was Gott thut, das iſt wohlge-
„than, in unſerm lieben L — bey einer Hoch-
„zeit ſingen wuͤrden?“ Eben wollt’ ich ant-
worten: nimmermehr, lieber Paſtor, da er
feierlicher fortfuhr: „und doch lag dieſes:
„Was Gott thut, das iſt wohlgethan, in je-
„nem: was Gott thut, das iſt wohlge-
„than.“ —

Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0340" n="334"/>
den &#x017F;ie Gretchen, eben da &#x017F;ie in die Kirche<lb/>
trat, auf&#x017F;etzten. Der Organi&#x017F;t, der entwe-<lb/>
der auf ein Praeludium nicht denken ko&#x0364;nnen,<lb/>
oder der dem Ge&#x017F;ang durchs Praeludium nicht<lb/>
zu nahe treten wollte, fieng bey un&#x017F;erm Ein-<lb/>
tritt &#x017F;ingend und &#x017F;pielend an:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Was Gott thut, das i&#x017F;t wohlgethan,</l><lb/>
          <l>Es bleibt gerecht &#x017F;ein Wille.</l>
        </lg><lb/>
        <p>Eben &#x017F;o begann Minens Begra&#x0364;bnis &#x2014; und<lb/>
die&#x017F;e Erinnerung, wie bewegte &#x017F;ie mich! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Der Prediger war gerades Weges auf<lb/>
den Altar gegangen. &#x2014; Wir andern &#x017F;tan-<lb/>
den rund herum &#x2014; Nach den Worten:</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Drum laß ich ihn nur walten,</hi> als<lb/>
den letzten des Ge&#x017F;anges, fieng er &#x017F;o zu reden<lb/>
an, als ob er &#x017F;ich mit uns unterhalten wollte.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ha&#x0364;tten Sie &#x017F;ichs wohl vorge&#x017F;tellt, lie-<lb/>
&#x201E;ber Freund!&#x201C; &#x017F;o ungefehr war &#x017F;ein Anfang,<lb/>
&#x201E;daß Sie, was Gott thut, das i&#x017F;t wohlge-<lb/>
&#x201E;than, in un&#x017F;erm lieben L &#x2014; bey einer Hoch-<lb/>
&#x201E;zeit &#x017F;ingen wu&#x0364;rden?&#x201C; Eben wollt&#x2019; ich ant-<lb/>
worten: nimmermehr, lieber Pa&#x017F;tor, da er<lb/>
feierlicher fortfuhr: &#x201E;und doch lag die&#x017F;es:<lb/>
&#x201E;Was Gott thut, das i&#x017F;t wohlgethan, in je-<lb/>
&#x201E;nem: was Gott thut, das i&#x017F;t wohlge-<lb/>
&#x201E;than.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[334/0340] den ſie Gretchen, eben da ſie in die Kirche trat, aufſetzten. Der Organiſt, der entwe- der auf ein Praeludium nicht denken koͤnnen, oder der dem Geſang durchs Praeludium nicht zu nahe treten wollte, fieng bey unſerm Ein- tritt ſingend und ſpielend an: Was Gott thut, das iſt wohlgethan, Es bleibt gerecht ſein Wille. Eben ſo begann Minens Begraͤbnis — und dieſe Erinnerung, wie bewegte ſie mich! — Der Prediger war gerades Weges auf den Altar gegangen. — Wir andern ſtan- den rund herum — Nach den Worten: Drum laß ich ihn nur walten, als den letzten des Geſanges, fieng er ſo zu reden an, als ob er ſich mit uns unterhalten wollte. „Haͤtten Sie ſichs wohl vorgeſtellt, lie- „ber Freund!“ ſo ungefehr war ſein Anfang, „daß Sie, was Gott thut, das iſt wohlge- „than, in unſerm lieben L — bey einer Hoch- „zeit ſingen wuͤrden?“ Eben wollt’ ich ant- worten: nimmermehr, lieber Paſtor, da er feierlicher fortfuhr: „und doch lag dieſes: „Was Gott thut, das iſt wohlgethan, in je- „nem: was Gott thut, das iſt wohlge- „than.“ — Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/340
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/340>, abgerufen am 18.05.2024.