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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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sie, bin ich Hansen wegen des Kummers
schuldig, den ich ihm gemacht habe. Mit
Hansen sagte der Vater? und lächelte. Die
Mutter sagte so? und lächelte desgleichen.
Gretchen hätte zu keiner erwünschtern Stunde
diese Erlaubnis bitten können. Vater und
Mutter hielten in Gegenwart Gretchens einen
Rath über sie und das Ende war: Grete solte
Hansen zum ehelichen Gemahl haben. Ja
doch, sagte der Vater, ich muß Jemand ha-
ben, der mir zur Hand geht; allein halt ichs
nicht mehr aus. Ja doch, sagte die Mutter,
der es jetzt einfiel, was ihr längst hätte ein-
fallen können, daß sie schon ein Jahr früher
geheyrathet hätte. Grete stand da, so froh,
daß sie ihren Eltern vor Freude nicht danken
konnte. Das, dünkt mich, ist der beste Dank,
für Erkenntlichkeit nicht zum Dank kommen
können. Dieses Gespräch hielte Grete über
die Zeit auf, die verabredet war. Hans war
schon unruhig. So fand sie ihn. Du wirst
schon ruhig werden, dachte sie, hiebey zielte
sie auf den Rath, den ihre Eltern geflogen
hatten; allein sie lies sich nichts merken. An-
fänglich wollte sie ihr Lustspiel fortsetzen.
Hans war ihr aber zu ernsthaft. Sie besann
sich bald, und zog ein ander Kleid an; das

natür-
T

ſie, bin ich Hanſen wegen des Kummers
ſchuldig, den ich ihm gemacht habe. Mit
Hanſen ſagte der Vater? und laͤchelte. Die
Mutter ſagte ſo? und laͤchelte desgleichen.
Gretchen haͤtte zu keiner erwuͤnſchtern Stunde
dieſe Erlaubnis bitten koͤnnen. Vater und
Mutter hielten in Gegenwart Gretchens einen
Rath uͤber ſie und das Ende war: Grete ſolte
Hanſen zum ehelichen Gemahl haben. Ja
doch, ſagte der Vater, ich muß Jemand ha-
ben, der mir zur Hand geht; allein halt ichs
nicht mehr aus. Ja doch, ſagte die Mutter,
der es jetzt einfiel, was ihr laͤngſt haͤtte ein-
fallen koͤnnen, daß ſie ſchon ein Jahr fruͤher
geheyrathet haͤtte. Grete ſtand da, ſo froh,
daß ſie ihren Eltern vor Freude nicht danken
konnte. Das, duͤnkt mich, iſt der beſte Dank,
fuͤr Erkenntlichkeit nicht zum Dank kommen
koͤnnen. Dieſes Geſpraͤch hielte Grete uͤber
die Zeit auf, die verabredet war. Hans war
ſchon unruhig. So fand ſie ihn. Du wirſt
ſchon ruhig werden, dachte ſie, hiebey zielte
ſie auf den Rath, den ihre Eltern geflogen
hatten; allein ſie lies ſich nichts merken. An-
faͤnglich wollte ſie ihr Luſtſpiel fortſetzen.
Hans war ihr aber zu ernſthaft. Sie beſann
ſich bald, und zog ein ander Kleid an; das

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[289/0295] ſie, bin ich Hanſen wegen des Kummers ſchuldig, den ich ihm gemacht habe. Mit Hanſen ſagte der Vater? und laͤchelte. Die Mutter ſagte ſo? und laͤchelte desgleichen. Gretchen haͤtte zu keiner erwuͤnſchtern Stunde dieſe Erlaubnis bitten koͤnnen. Vater und Mutter hielten in Gegenwart Gretchens einen Rath uͤber ſie und das Ende war: Grete ſolte Hanſen zum ehelichen Gemahl haben. Ja doch, ſagte der Vater, ich muß Jemand ha- ben, der mir zur Hand geht; allein halt ichs nicht mehr aus. Ja doch, ſagte die Mutter, der es jetzt einfiel, was ihr laͤngſt haͤtte ein- fallen koͤnnen, daß ſie ſchon ein Jahr fruͤher geheyrathet haͤtte. Grete ſtand da, ſo froh, daß ſie ihren Eltern vor Freude nicht danken konnte. Das, duͤnkt mich, iſt der beſte Dank, fuͤr Erkenntlichkeit nicht zum Dank kommen koͤnnen. Dieſes Geſpraͤch hielte Grete uͤber die Zeit auf, die verabredet war. Hans war ſchon unruhig. So fand ſie ihn. Du wirſt ſchon ruhig werden, dachte ſie, hiebey zielte ſie auf den Rath, den ihre Eltern geflogen hatten; allein ſie lies ſich nichts merken. An- faͤnglich wollte ſie ihr Luſtſpiel fortſetzen. Hans war ihr aber zu ernſthaft. Sie beſann ſich bald, und zog ein ander Kleid an; das natuͤr- T

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/295>, abgerufen am 23.11.2024.