Boden ausstoßen würden, da würde sie denn liegen in ihren Ruinen. Regeln sind das Salz der Erden, wenn aber das Salz dumm wird, womit will man salzen? Erzähl' ein Wunder von heut und gestern oder ehegestern, wo findest du Glauben, und warum dieser Unglau- be? Hat denn Treu und Glauben aufgehört auf Erden? Nicht also, wohlmeinender Zeter- rufer! Die Natur nahm ihren Anfang durch ein Wunder. Wunder genug! Jezt ist alles ohne Sprung. Die Sphärenmusik ist ein einfaches Lied und keine Ode. Es geht na- türlich zu, heißt: es versteht sich alles von selbst: die allerortodoxesten wundervollsten Geistli- chen selbst, haben den Wundern Ziel und Maas setzen müßen. Bis dahin, und weiter nicht, sollten die Ausnahmen von der Regel statt fin- den und die Wundergaben im Schwange ge- hen. -- Die alten Propheten sind todt. Die neuern haben kein Creditiv vorzeigen können; ob gleich meine Mutter jederzeit über die we- nige Aufmunterung für die junge Propheten die Achseln zog. Wenn wir keine junge Prophe- ten leiden, werden wir auch keine alten ziehen. Jung gewohnt, setzte sie hinzu, alt gethan.
Sie verstand indessen durch einen Prophe- ten, nur einen Superintendenten, der ein
paar
Boden ausſtoßen wuͤrden, da wuͤrde ſie denn liegen in ihren Ruinen. Regeln ſind das Salz der Erden, wenn aber das Salz dumm wird, womit will man ſalzen? Erzaͤhl’ ein Wunder von heut und geſtern oder ehegeſtern, wo findeſt du Glauben, und warum dieſer Unglau- be? Hat denn Treu und Glauben aufgehoͤrt auf Erden? Nicht alſo, wohlmeinender Zeter- rufer! Die Natur nahm ihren Anfang durch ein Wunder. Wunder genug! Jezt iſt alles ohne Sprung. Die Sphaͤrenmuſik iſt ein einfaches Lied und keine Ode. Es geht na- tuͤrlich zu, heißt: es verſteht ſich alles von ſelbſt: die allerortodoxeſten wundervollſten Geiſtli- chen ſelbſt, haben den Wundern Ziel und Maas ſetzen muͤßen. Bis dahin, und weiter nicht, ſollten die Ausnahmen von der Regel ſtatt fin- den und die Wundergaben im Schwange ge- hen. — Die alten Propheten ſind todt. Die neuern haben kein Creditiv vorzeigen koͤnnen; ob gleich meine Mutter jederzeit uͤber die we- nige Aufmunterung fuͤr die junge Propheten die Achſeln zog. Wenn wir keine junge Prophe- ten leiden, werden wir auch keine alten ziehen. Jung gewohnt, ſetzte ſie hinzu, alt gethan.
Sie verſtand indeſſen durch einen Prophe- ten, nur einen Superintendenten, der ein
paar
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Boden ausſtoßen wuͤrden, da wuͤrde ſie denn
liegen in ihren Ruinen. Regeln ſind das Salz
der Erden, wenn aber das Salz dumm wird,
womit will man ſalzen? Erzaͤhl’ ein Wunder
von heut und geſtern oder ehegeſtern, wo
findeſt du Glauben, und warum dieſer Unglau-
be? Hat denn Treu und Glauben aufgehoͤrt
auf Erden? Nicht alſo, wohlmeinender Zeter-
rufer! Die Natur nahm ihren Anfang durch
ein Wunder. Wunder genug! Jezt iſt alles
ohne Sprung. Die Sphaͤrenmuſik iſt ein
einfaches Lied und keine Ode. Es geht na-
tuͤrlich zu, heißt: es verſteht ſich alles von ſelbſt:
die allerortodoxeſten wundervollſten Geiſtli-
chen ſelbſt, haben den Wundern Ziel und Maas
ſetzen muͤßen. Bis dahin, und weiter nicht,
ſollten die Ausnahmen von der Regel ſtatt fin-
den und die Wundergaben im Schwange ge-
hen. — Die alten Propheten ſind todt. Die
neuern haben kein Creditiv vorzeigen koͤnnen;
ob gleich meine Mutter jederzeit uͤber die we-
nige Aufmunterung fuͤr die junge Propheten
die Achſeln zog. Wenn wir keine junge Prophe-
ten leiden, werden wir auch keine alten ziehen.
Jung gewohnt, ſetzte ſie hinzu, alt gethan.
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/20>, abgerufen am 23.11.2024.
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