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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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Und wie selten gehts gerade aus dem Her-
zen aus. --

Der Graf fühlte, was ich sagen wollte,
obgleich nur ein Funke auf meiner Zunge
blinkerte. Feur war nicht drauf. Die Lin-
denkrankheit hatte gedämpft, gelöscht. Eine
Rede, sie sey auch die beste, ist ein Gipsabguß
der Gedanken. -- Gemeinhin verschlingen
hier die sieben magere Kühe die sieben fetten,
wie in Josephs Traum; indeßen ist nicht zu
leugnen, daß eben dieselbe Sonne, wie ein
witziger Schriftsteller sagt, die das Wachs
schmilzt, die Erde versteinert, und es giebt
Leute, die gern reden, und andre, die auch
nur durch Reden gewonnen werden. Leidet
aber jeder, daß auf ihn Jagd gemacht, daß
auf ihn angelegt wird? Und thut der Red-
ner mehr, als seinen Bogen spannen, und
auf die Herzen seiner Allerseits nach Stand
und Würden Höchst und Hochzuehrenden Zu-
hörer zielen? Freylich, erwiederte der Graf,
wo Feuer ist, da raucht es auch. Meine Pre-
diger, fuhr er fort, hab ich so ziemlich ins
Geleise bey Leichenpredigten gebracht; indeßen
raucht es doch noch. Conferatur: Siehe,
ich komme bald, behalte was du hast,
daß Niemand deine Krone nehme.
Da

war

Und wie ſelten gehts gerade aus dem Her-
zen aus. —

Der Graf fuͤhlte, was ich ſagen wollte,
obgleich nur ein Funke auf meiner Zunge
blinkerte. Feur war nicht drauf. Die Lin-
denkrankheit hatte gedaͤmpft, geloͤſcht. Eine
Rede, ſie ſey auch die beſte, iſt ein Gipsabguß
der Gedanken. — Gemeinhin verſchlingen
hier die ſieben magere Kuͤhe die ſieben fetten,
wie in Joſephs Traum; indeßen iſt nicht zu
leugnen, daß eben dieſelbe Sonne, wie ein
witziger Schriftſteller ſagt, die das Wachs
ſchmilzt, die Erde verſteinert, und es giebt
Leute, die gern reden, und andre, die auch
nur durch Reden gewonnen werden. Leidet
aber jeder, daß auf ihn Jagd gemacht, daß
auf ihn angelegt wird? Und thut der Red-
ner mehr, als ſeinen Bogen ſpannen, und
auf die Herzen ſeiner Allerſeits nach Stand
und Wuͤrden Hoͤchſt und Hochzuehrenden Zu-
hoͤrer zielen? Freylich, erwiederte der Graf,
wo Feuer iſt, da raucht es auch. Meine Pre-
diger, fuhr er fort, hab ich ſo ziemlich ins
Geleiſe bey Leichenpredigten gebracht; indeßen
raucht es doch noch. Conferatur: Siehe,
ich komme bald, behalte was du haſt,
daß Niemand deine Krone nehme.
Da

war
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[159/0165] Und wie ſelten gehts gerade aus dem Her- zen aus. — Der Graf fuͤhlte, was ich ſagen wollte, obgleich nur ein Funke auf meiner Zunge blinkerte. Feur war nicht drauf. Die Lin- denkrankheit hatte gedaͤmpft, geloͤſcht. Eine Rede, ſie ſey auch die beſte, iſt ein Gipsabguß der Gedanken. — Gemeinhin verſchlingen hier die ſieben magere Kuͤhe die ſieben fetten, wie in Joſephs Traum; indeßen iſt nicht zu leugnen, daß eben dieſelbe Sonne, wie ein witziger Schriftſteller ſagt, die das Wachs ſchmilzt, die Erde verſteinert, und es giebt Leute, die gern reden, und andre, die auch nur durch Reden gewonnen werden. Leidet aber jeder, daß auf ihn Jagd gemacht, daß auf ihn angelegt wird? Und thut der Red- ner mehr, als ſeinen Bogen ſpannen, und auf die Herzen ſeiner Allerſeits nach Stand und Wuͤrden Hoͤchſt und Hochzuehrenden Zu- hoͤrer zielen? Freylich, erwiederte der Graf, wo Feuer iſt, da raucht es auch. Meine Pre- diger, fuhr er fort, hab ich ſo ziemlich ins Geleiſe bey Leichenpredigten gebracht; indeßen raucht es doch noch. Conferatur: Siehe, ich komme bald, behalte was du haſt, daß Niemand deine Krone nehme. Da war

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/165>, abgerufen am 03.05.2024.