aber küßte dieser Buhler die Kinder der Cur- länderin so verliebt, daß die Wangen der Mutter aus Schaam glüheten. Vielleicht wär es ihr weniger bedenklich vorgekommen, wenn er nicht noch oben ein, die Kinder dies- mahl, da er küßte, so reichlich beschenkt hätte, daß die Curländerin ganz deutlich sahe, wor- auf es heraus gieng. Die Sache kam dem fünften Akt immer näher, und Frau Baase dekte jetzt so wenig ihre schwarze Flecken, daß sie über und über kohlschwarz erschien. Sie brachte, um recht ordentlich und bedächtig zu Werke zu schreiten, ein Pakt in Vorschlag. Die Curländerin, die ihr Herz ehemals in ihren Händen getragen, schloß und verrie- gelt' es jetzt, brach mit Frau Baasen, sandte die Geschenke zurück, welche die Kinder erhal- ten. Die mit buhlerischen Küßen befleckten Kinder wusch die Mutter mit frischem Wasser aus dem Brunnen vor ihrem Fenster. Die Kleinen weinten über ihren Verlust; allein ih- re Mutter tröstete sie mit süßen Worten. Das arme Weib wußte nicht, was man vorhatte. Man drohte, da Bitte nicht helfen wollte. Es enträthselte sich, daß Frau Baase nur die Geschenke spedirt hätte, die jezt zurück gefor- dert wurden. In welcher Seelennoth sahe
sich
aber kuͤßte dieſer Buhler die Kinder der Cur- laͤnderin ſo verliebt, daß die Wangen der Mutter aus Schaam gluͤheten. Vielleicht waͤr es ihr weniger bedenklich vorgekommen, wenn er nicht noch oben ein, die Kinder dies- mahl, da er kuͤßte, ſo reichlich beſchenkt haͤtte, daß die Curlaͤnderin ganz deutlich ſahe, wor- auf es heraus gieng. Die Sache kam dem fuͤnften Akt immer naͤher, und Frau Baaſe dekte jetzt ſo wenig ihre ſchwarze Flecken, daß ſie uͤber und uͤber kohlſchwarz erſchien. Sie brachte, um recht ordentlich und bedaͤchtig zu Werke zu ſchreiten, ein Pakt in Vorſchlag. Die Curlaͤnderin, die ihr Herz ehemals in ihren Haͤnden getragen, ſchloß und verrie- gelt’ es jetzt, brach mit Frau Baaſen, ſandte die Geſchenke zuruͤck, welche die Kinder erhal- ten. Die mit buhleriſchen Kuͤßen befleckten Kinder wuſch die Mutter mit friſchem Waſſer aus dem Brunnen vor ihrem Fenſter. Die Kleinen weinten uͤber ihren Verluſt; allein ih- re Mutter troͤſtete ſie mit ſuͤßen Worten. Das arme Weib wußte nicht, was man vorhatte. Man drohte, da Bitte nicht helfen wollte. Es entraͤthſelte ſich, daß Frau Baaſe nur die Geſchenke ſpedirt haͤtte, die jezt zuruͤck gefor- dert wurden. In welcher Seelennoth ſahe
ſich
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aber kuͤßte dieſer Buhler die Kinder der Cur-
laͤnderin ſo verliebt, daß die Wangen der
Mutter aus Schaam gluͤheten. Vielleicht
waͤr es ihr weniger bedenklich vorgekommen,
wenn er nicht noch oben ein, die Kinder dies-
mahl, da er kuͤßte, ſo reichlich beſchenkt haͤtte,
daß die Curlaͤnderin ganz deutlich ſahe, wor-
auf es heraus gieng. Die Sache kam dem
fuͤnften Akt immer naͤher, und Frau Baaſe
dekte jetzt ſo wenig ihre ſchwarze Flecken, daß
ſie uͤber und uͤber kohlſchwarz erſchien. Sie
brachte, um recht ordentlich und bedaͤchtig zu
Werke zu ſchreiten, ein Pakt in Vorſchlag.
Die Curlaͤnderin, die ihr Herz ehemals in
ihren Haͤnden getragen, ſchloß und verrie-
gelt’ es jetzt, brach mit Frau Baaſen, ſandte
die Geſchenke zuruͤck, welche die Kinder erhal-
ten. Die mit buhleriſchen Kuͤßen befleckten
Kinder wuſch die Mutter mit friſchem Waſſer
aus dem Brunnen vor ihrem Fenſter. Die
Kleinen weinten uͤber ihren Verluſt; allein ih-
re Mutter troͤſtete ſie mit ſuͤßen Worten. Das
arme Weib wußte nicht, was man vorhatte.
Man drohte, da Bitte nicht helfen wollte.
Es entraͤthſelte ſich, daß Frau Baaſe nur die
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/126>, abgerufen am 23.11.2024.
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