men, waren auf einen andern Fuß genom- men. Er fieng an zu seufzen, und Char- lotten förmlich die Cour zu machen. Wenn niemand dabey war, küßt er ihr die Hände, und das Cammermädchen seiner Frau Ge- mahlin Gnaden hatt' ihn auf Knien vor Charlotten gesehen. Dieses verdroß dem Cammermädchen beynahe mehr, als der gnädigen Frau, welche letztere die Kunst sich zu entschädigen aus dem Grunde verstand, und den Herrn Gemahl länger verloren hatte, als die Cammerzofe den Liebhaber. Indes- sen fand auch die entschädigte gnädige Frau unschicklich, daß Se. Hochwohlgebohrnen einem Dienstmädchen die Cour machten. Die Cour! auf Knien! So was hielte Sie ihrer Ehre zu nahe, und das Cammermäd- chen setzte hinzu: wenn Charlotte noch eine Cammerjungfer wäre!
Charlotte hätte, wenn sie den Plan der gnädigen Frau und des Cammermädchens befolgen, und den gnädigen Herrn öffentlich lächerlich machen wollen, ein ziemlich gros- ses Spiel gewonnen; allein sie wolte nicht durchs Spiel reich werden. Sie suchte Se. Hochwohlgebohrnen auf den rechten Weg zu bringen, er aber blieb auf dem Irwege zu
ihrem
men, waren auf einen andern Fuß genom- men. Er fieng an zu ſeufzen, und Char- lotten foͤrmlich die Cour zu machen. Wenn niemand dabey war, kuͤßt er ihr die Haͤnde, und das Cammermaͤdchen ſeiner Frau Ge- mahlin Gnaden hatt’ ihn auf Knien vor Charlotten geſehen. Dieſes verdroß dem Cammermaͤdchen beynahe mehr, als der gnaͤdigen Frau, welche letztere die Kunſt ſich zu entſchaͤdigen aus dem Grunde verſtand, und den Herrn Gemahl laͤnger verloren hatte, als die Cammerzofe den Liebhaber. Indeſ- ſen fand auch die entſchaͤdigte gnaͤdige Frau unſchicklich, daß Se. Hochwohlgebohrnen einem Dienſtmaͤdchen die Cour machten. Die Cour! auf Knien! So was hielte Sie ihrer Ehre zu nahe, und das Cammermaͤd- chen ſetzte hinzu: wenn Charlotte noch eine Cammerjungfer waͤre!
Charlotte haͤtte, wenn ſie den Plan der gnaͤdigen Frau und des Cammermaͤdchens befolgen, und den gnaͤdigen Herrn oͤffentlich laͤcherlich machen wollen, ein ziemlich groſ- ſes Spiel gewonnen; allein ſie wolte nicht durchs Spiel reich werden. Sie ſuchte Se. Hochwohlgebohrnen auf den rechten Weg zu bringen, er aber blieb auf dem Irwege zu
ihrem
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men, waren auf einen andern Fuß genom-
men. Er fieng an zu ſeufzen, und Char-
lotten foͤrmlich die Cour zu machen. Wenn
niemand dabey war, kuͤßt er ihr die Haͤnde,
und das Cammermaͤdchen ſeiner Frau Ge-
mahlin Gnaden hatt’ ihn auf Knien vor
Charlotten geſehen. Dieſes verdroß dem
Cammermaͤdchen beynahe mehr, als der
gnaͤdigen Frau, welche letztere die Kunſt ſich
zu entſchaͤdigen aus dem Grunde verſtand, und
den Herrn Gemahl laͤnger verloren hatte,
als die Cammerzofe den Liebhaber. Indeſ-
ſen fand auch die entſchaͤdigte gnaͤdige Frau
unſchicklich, daß Se. Hochwohlgebohrnen
einem Dienſtmaͤdchen die Cour machten.
Die Cour! auf Knien! So was hielte Sie
ihrer Ehre zu nahe, und das Cammermaͤd-
chen ſetzte hinzu: wenn Charlotte noch eine
Cammerjungfer waͤre!
Charlotte haͤtte, wenn ſie den Plan der
gnaͤdigen Frau und des Cammermaͤdchens
befolgen, und den gnaͤdigen Herrn oͤffentlich
laͤcherlich machen wollen, ein ziemlich groſ-
ſes Spiel gewonnen; allein ſie wolte nicht
durchs Spiel reich werden. Sie ſuchte Se.
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/94>, abgerufen am 27.11.2024.
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