konnte von Glück sagen, daß er frey blieb, und als Bedienter sich in einem andern hoch- adelichen Hofe anzubringen die Erlaubniß erhielt. Er versprach Charlotten die Ehe, einer freyen Person, die aber weder reich noch schön war. -- Sie hatten sich von dem ersten Augenblick geliebt, da sie sich ge- sehen hatten. Sie war verliebt und tugend- haft, das ist nicht viel aus einander, und verliebt und tugendhaft war alles, was man von Charlotten sagen konnte. Gewiß würd' unser Bekannte an ihrer Hand glücklich ge- worden seyn. Er hatt' ihr die Ehe einmal, da es donnerte, verheißen, und so laut, wie er schreibt, daß er fast den Donner über- schrien! -- Alles was Charlott' und un- ser Bekannte sahen, alles was sie hörten bestätigt' ihre Liebe -- denn Aufforderung, hatten sie nicht mehr nöthig. Unser Bekann- te hatt' eine Laube gepflanzt, welche Char- lotte begoß. Sie wuchs mit ihrer Lieb' um die Wette. Charlotte hatte das Glück, wie's die Leute hießen, den gnädigen Herrn in verliebten Aufruhr zu setzen. Sie war die vierte, der er ein seidenes Schnupftuch zugeworfen; allein die drey, so vor ihr ge- wesen, die Cammerjungfer nicht ausgenom-
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konnte von Gluͤck ſagen, daß er frey blieb, und als Bedienter ſich in einem andern hoch- adelichen Hofe anzubringen die Erlaubniß erhielt. Er verſprach Charlotten die Ehe, einer freyen Perſon, die aber weder reich noch ſchoͤn war. — Sie hatten ſich von dem erſten Augenblick geliebt, da ſie ſich ge- ſehen hatten. Sie war verliebt und tugend- haft, das iſt nicht viel aus einander, und verliebt und tugendhaft war alles, was man von Charlotten ſagen konnte. Gewiß wuͤrd’ unſer Bekannte an ihrer Hand gluͤcklich ge- worden ſeyn. Er hatt’ ihr die Ehe einmal, da es donnerte, verheißen, und ſo laut, wie er ſchreibt, daß er faſt den Donner uͤber- ſchrien! — Alles was Charlott’ und un- ſer Bekannte ſahen, alles was ſie hoͤrten beſtaͤtigt’ ihre Liebe — denn Aufforderung, hatten ſie nicht mehr noͤthig. Unſer Bekann- te hatt’ eine Laube gepflanzt, welche Char- lotte begoß. Sie wuchs mit ihrer Lieb’ um die Wette. Charlotte hatte das Gluͤck, wie’s die Leute hießen, den gnaͤdigen Herrn in verliebten Aufruhr zu ſetzen. Sie war die vierte, der er ein ſeidenes Schnupftuch zugeworfen; allein die drey, ſo vor ihr ge- weſen, die Cammerjungfer nicht ausgenom-
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konnte von Gluͤck ſagen, daß er frey blieb,
und als Bedienter ſich in einem andern hoch-
adelichen Hofe anzubringen die Erlaubniß
erhielt. Er verſprach Charlotten die Ehe,
einer freyen Perſon, die aber weder reich
noch ſchoͤn war. — Sie hatten ſich von
dem erſten Augenblick geliebt, da ſie ſich ge-
ſehen hatten. Sie war verliebt und tugend-
haft, das iſt nicht viel aus einander, und
verliebt und tugendhaft war alles, was man
von Charlotten ſagen konnte. Gewiß wuͤrd’
unſer Bekannte an ihrer Hand gluͤcklich ge-
worden ſeyn. Er hatt’ ihr die Ehe einmal,
da es donnerte, verheißen, und ſo laut, wie
er ſchreibt, daß er faſt den Donner uͤber-
ſchrien! — Alles was Charlott’ und un-
ſer Bekannte ſahen, alles was ſie hoͤrten
beſtaͤtigt’ ihre Liebe — denn Aufforderung,
hatten ſie nicht mehr noͤthig. Unſer Bekann-
te hatt’ eine Laube gepflanzt, welche Char-
lotte begoß. Sie wuchs mit ihrer Lieb’
um die Wette. Charlotte hatte das Gluͤck,
wie’s die Leute hießen, den gnaͤdigen Herrn
in verliebten Aufruhr zu ſetzen. Sie war
die vierte, der er ein ſeidenes Schnupftuch
zugeworfen; allein die drey, ſo vor ihr ge-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/93>, abgerufen am 27.11.2024.
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