der Kleine den Mond und Trinchen kriegts in die unrechte Kehle!
Selten ist eine Hochzeit, wo nicht was trauriges sich zuträgt, ihr wisset es wohl, wie es des Hiobs Kindern gieng, da sie recht fröh- lich und guter Dinge waren! Wenn man lu- stig ist, hat der Teufel immer sein Spiel. Er streicht die Violin beym Tanz. Wo ge- trunken wird, werden Gläser zerbrochen, und man kann ordentlich zu viel auf einmal leben, wie man zu viel auf einmal essen und trinken kann. Wie viele überleben sich dahero selbst? -- Und dies alles zusammen genommen, was meynt ihr? Das Leben ist zwar eine Mahlzeit; allein es ist darauf nicht eben einzuladen -- So fürs Hauß, so aus der Hand in den Mund! --
Wenn es nicht schmeckt, steht man gern ein Viertelstündchen früher auf, und sieht sich im Freyen um, wenn es Mittag, und in den lieben Mond, wenns Abend ist. Man hat alsdenn dem lieben Gott eben so viel Ur- sach zu danken, daß man aufgestanden ist, als daß man sich niedergesetzt hat. Das heißt mit andern Worten: im Fall wir uns nicht das Leben gar zu süß gemacht, sterben wir gern und danken dem lieben Gott für den Tod,
so
der Kleine den Mond und Trinchen kriegts in die unrechte Kehle!
Selten iſt eine Hochzeit, wo nicht was trauriges ſich zutraͤgt, ihr wiſſet es wohl, wie es des Hiobs Kindern gieng, da ſie recht froͤh- lich und guter Dinge waren! Wenn man lu- ſtig iſt, hat der Teufel immer ſein Spiel. Er ſtreicht die Violin beym Tanz. Wo ge- trunken wird, werden Glaͤſer zerbrochen, und man kann ordentlich zu viel auf einmal leben, wie man zu viel auf einmal eſſen und trinken kann. Wie viele uͤberleben ſich dahero ſelbſt? — Und dies alles zuſammen genommen, was meynt ihr? Das Leben iſt zwar eine Mahlzeit; allein es iſt darauf nicht eben einzuladen — So fuͤrs Hauß, ſo aus der Hand in den Mund! —
Wenn es nicht ſchmeckt, ſteht man gern ein Viertelſtuͤndchen fruͤher auf, und ſieht ſich im Freyen um, wenn es Mittag, und in den lieben Mond, wenns Abend iſt. Man hat alsdenn dem lieben Gott eben ſo viel Ur- ſach zu danken, daß man aufgeſtanden iſt, als daß man ſich niedergeſetzt hat. Das heißt mit andern Worten: im Fall wir uns nicht das Leben gar zu ſuͤß gemacht, ſterben wir gern und danken dem lieben Gott fuͤr den Tod,
ſo
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0669"n="655"/>
der Kleine den Mond und Trinchen kriegts<lb/>
in die unrechte Kehle!</p><lb/><p>Selten iſt eine Hochzeit, wo nicht was<lb/>
trauriges ſich zutraͤgt, ihr wiſſet es wohl, wie<lb/>
es des Hiobs Kindern gieng, da ſie recht froͤh-<lb/>
lich und guter Dinge waren! Wenn man lu-<lb/>ſtig iſt, hat der Teufel immer ſein Spiel.<lb/>
Er ſtreicht die Violin beym Tanz. Wo ge-<lb/>
trunken wird, werden Glaͤſer zerbrochen, und<lb/>
man kann ordentlich zu viel auf einmal leben,<lb/>
wie man zu viel auf einmal eſſen und trinken<lb/>
kann. Wie viele uͤberleben ſich dahero ſelbſt? —<lb/>
Und dies alles zuſammen genommen, was<lb/>
meynt ihr? Das Leben iſt zwar eine Mahlzeit;<lb/>
allein es iſt darauf nicht eben einzuladen —<lb/>
So fuͤrs Hauß, ſo aus der Hand in den<lb/>
Mund! —</p><lb/><p>Wenn es nicht ſchmeckt, ſteht man gern<lb/>
ein Viertelſtuͤndchen fruͤher auf, und ſieht<lb/>ſich im Freyen um, wenn es Mittag, und in<lb/>
den lieben Mond, wenns Abend iſt. Man<lb/>
hat alsdenn dem lieben Gott eben ſo viel Ur-<lb/>ſach zu danken, daß man aufgeſtanden iſt,<lb/>
als daß man ſich niedergeſetzt hat. Das heißt<lb/>
mit andern Worten: im Fall wir uns nicht<lb/>
das Leben gar zu ſuͤß gemacht, ſterben wir<lb/>
gern und danken dem lieben Gott fuͤr den Tod,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſo</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[655/0669]
der Kleine den Mond und Trinchen kriegts
in die unrechte Kehle!
Selten iſt eine Hochzeit, wo nicht was
trauriges ſich zutraͤgt, ihr wiſſet es wohl, wie
es des Hiobs Kindern gieng, da ſie recht froͤh-
lich und guter Dinge waren! Wenn man lu-
ſtig iſt, hat der Teufel immer ſein Spiel.
Er ſtreicht die Violin beym Tanz. Wo ge-
trunken wird, werden Glaͤſer zerbrochen, und
man kann ordentlich zu viel auf einmal leben,
wie man zu viel auf einmal eſſen und trinken
kann. Wie viele uͤberleben ſich dahero ſelbſt? —
Und dies alles zuſammen genommen, was
meynt ihr? Das Leben iſt zwar eine Mahlzeit;
allein es iſt darauf nicht eben einzuladen —
So fuͤrs Hauß, ſo aus der Hand in den
Mund! —
Wenn es nicht ſchmeckt, ſteht man gern
ein Viertelſtuͤndchen fruͤher auf, und ſieht
ſich im Freyen um, wenn es Mittag, und in
den lieben Mond, wenns Abend iſt. Man
hat alsdenn dem lieben Gott eben ſo viel Ur-
ſach zu danken, daß man aufgeſtanden iſt,
als daß man ſich niedergeſetzt hat. Das heißt
mit andern Worten: im Fall wir uns nicht
das Leben gar zu ſuͤß gemacht, ſterben wir
gern und danken dem lieben Gott fuͤr den Tod,
ſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 655. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/669>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.