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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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ob Mine nach curscher, oder preußischer
Art, begraben werden solte? Sie selbst hatte
weder im Testament, noch im Codicill, we-
der schriftlich noch mündlich, darüber Ver-
fügungen getroffen, außer daß sie gern bey
ihren Verwandten begraben werden wolte,
um sie am lieben jüngsten Tag gleich bey der
Hand zu haben. Ich bat ihn sehr, es wie
es Sitte im Lande wäre, zu halten; und nun
noch ein Umstand.

Zu den ausgezeichneten Eingepfarrten
gehörte der Graf v. -- -- Ein besondrer
Mann! Seine Hauptbeschäftigung war,
Leute sterben zu sehen. Er nahm, wo er
von Kranken hörte, sie bey sich auf, und wenig-
nigstens waren sieben, die bey ihm starben;
man mochte zu ihm kommen, wenn man
wolte. Oft waren mehr. Unter den Kran-
ken zog er Verlaßne und solche Leute vor, de-
ren Schicksal ungemein war, und die meiste
Zeit war die Zahl außerordentlich, und über
sieben. Seine Sterbezimmer waren immer
besetzt. Der Graf hatte sehr traurige Schick-
sale überlebt. Seine sieben Kinder, all' in
voller Blüthe, unter deneu zwey Töchter als
Bräute, und ein Sohn als Bräutigam, star-
ben in Zeit von drey Jahren. Die Bräuti-

gams

ob Mine nach curſcher, oder preußiſcher
Art, begraben werden ſolte? Sie ſelbſt hatte
weder im Teſtament, noch im Codicill, we-
der ſchriftlich noch muͤndlich, daruͤber Ver-
fuͤgungen getroffen, außer daß ſie gern bey
ihren Verwandten begraben werden wolte,
um ſie am lieben juͤngſten Tag gleich bey der
Hand zu haben. Ich bat ihn ſehr, es wie
es Sitte im Lande waͤre, zu halten; und nun
noch ein Umſtand.

Zu den ausgezeichneten Eingepfarrten
gehoͤrte der Graf v. — — Ein beſondrer
Mann! Seine Hauptbeſchaͤftigung war,
Leute ſterben zu ſehen. Er nahm, wo er
von Kranken hoͤrte, ſie bey ſich auf, und wenig-
nigſtens waren ſieben, die bey ihm ſtarben;
man mochte zu ihm kommen, wenn man
wolte. Oft waren mehr. Unter den Kran-
ken zog er Verlaßne und ſolche Leute vor, de-
ren Schickſal ungemein war, und die meiſte
Zeit war die Zahl außerordentlich, und uͤber
ſieben. Seine Sterbezimmer waren immer
beſetzt. Der Graf hatte ſehr traurige Schick-
ſale uͤberlebt. Seine ſieben Kinder, all’ in
voller Bluͤthe, unter deneu zwey Toͤchter als
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[623/0637] ob Mine nach curſcher, oder preußiſcher Art, begraben werden ſolte? Sie ſelbſt hatte weder im Teſtament, noch im Codicill, we- der ſchriftlich noch muͤndlich, daruͤber Ver- fuͤgungen getroffen, außer daß ſie gern bey ihren Verwandten begraben werden wolte, um ſie am lieben juͤngſten Tag gleich bey der Hand zu haben. Ich bat ihn ſehr, es wie es Sitte im Lande waͤre, zu halten; und nun noch ein Umſtand. Zu den ausgezeichneten Eingepfarrten gehoͤrte der Graf v. — — Ein beſondrer Mann! Seine Hauptbeſchaͤftigung war, Leute ſterben zu ſehen. Er nahm, wo er von Kranken hoͤrte, ſie bey ſich auf, und wenig- nigſtens waren ſieben, die bey ihm ſtarben; man mochte zu ihm kommen, wenn man wolte. Oft waren mehr. Unter den Kran- ken zog er Verlaßne und ſolche Leute vor, de- ren Schickſal ungemein war, und die meiſte Zeit war die Zahl außerordentlich, und uͤber ſieben. Seine Sterbezimmer waren immer beſetzt. Der Graf hatte ſehr traurige Schick- ſale uͤberlebt. Seine ſieben Kinder, all’ in voller Bluͤthe, unter deneu zwey Toͤchter als Braͤute, und ein Sohn als Braͤutigam, ſtar- ben in Zeit von drey Jahren. Die Braͤuti- gams

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 623. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/637>, abgerufen am 24.11.2024.