sagte sie, muß Sie's. Mich, bat ich, las- sen Sie aus dieser Geschichte. Sie? ant- wortete die Kleine, und reichte mir die Hand. Ich wußte nicht ob dies Sie? Ja oder Nein war. Es sprach das liebe kleine Mädchen Sie ganz besonders aus. -- Ich könnt' es ihr zur Noth noch nach sprechen! -- Während der Zeit kam mein Reisegefehrt', und, ohne sich nach seiner Braut zu erkun- digen, macht' er mir Vorwürfe, daß ich ihn mit meinen Wos und Luise mit ihren Retts und Hiers gestöret hätte. Bruder, sagt' ich, das Wort Rett ist das deutsche hohe Nothwort. Wenn es ein Sterbender hört, muß er sich noch aufrichten. -- Nur keiner, fiel er ganz gelassen ein, der ange- legt hat, und was hast denn du getroffen? fuhr er fort. Dies edle Geschöpf, sagt' ich. Er ward von allem unterrichtet, und ver- sicherte hoch und theuer, daß wenn er nicht angelegt gehabt, er gewiß eben so, wie ich, ge- laufen und die Flinte weggeworfen haben würde, so unverantwortlich es gleich wäre, Pul- ver und Schrot, diese Gabe Gottes, umkom- men zu laßen. Luise lachte herzlich. -- Die liebe Kleine sah mich blos lieblich an. Beyde wußten sich nicht drinn zu finden,
daß
ſagte ſie, muß Sie’s. Mich, bat ich, laſ- ſen Sie aus dieſer Geſchichte. Sie? ant- wortete die Kleine, und reichte mir die Hand. Ich wußte nicht ob dies Sie? Ja oder Nein war. Es ſprach das liebe kleine Maͤdchen Sie ganz beſonders aus. — Ich koͤnnt’ es ihr zur Noth noch nach ſprechen! — Waͤhrend der Zeit kam mein Reiſegefehrt’, und, ohne ſich nach ſeiner Braut zu erkun- digen, macht’ er mir Vorwuͤrfe, daß ich ihn mit meinen Wos und Luiſe mit ihren Retts und Hiers geſtoͤret haͤtte. Bruder, ſagt’ ich, das Wort Rett iſt das deutſche hohe Nothwort. Wenn es ein Sterbender hoͤrt, muß er ſich noch aufrichten. — Nur keiner, fiel er ganz gelaſſen ein, der ange- legt hat, und was haſt denn du getroffen? fuhr er fort. Dies edle Geſchoͤpf, ſagt’ ich. Er ward von allem unterrichtet, und ver- ſicherte hoch und theuer, daß wenn er nicht angelegt gehabt, er gewiß eben ſo, wie ich, ge- laufen und die Flinte weggeworfen haben wuͤrde, ſo unverantwortlich es gleich waͤre, Pul- ver und Schrot, dieſe Gabe Gottes, umkom- men zu laßen. Luiſe lachte herzlich. — Die liebe Kleine ſah mich blos lieblich an. Beyde wußten ſich nicht drinn zu finden,
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ſagte ſie, muß Sie’s. Mich, bat ich, laſ-
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wortete die Kleine, und reichte mir die
Hand. Ich wußte nicht ob dies Sie? Ja
oder Nein war. Es ſprach das liebe kleine
Maͤdchen Sie ganz beſonders aus. — Ich
koͤnnt’ es ihr zur Noth noch nach ſprechen! —
Waͤhrend der Zeit kam mein Reiſegefehrt’,
und, ohne ſich nach ſeiner Braut zu erkun-
digen, macht’ er mir Vorwuͤrfe, daß ich
ihn mit meinen Wos und Luiſe mit ihren
Retts und Hiers geſtoͤret haͤtte. Bruder,
ſagt’ ich, das Wort Rett iſt das deutſche
hohe Nothwort. Wenn es ein Sterbender
hoͤrt, muß er ſich noch aufrichten. — Nur
keiner, fiel er ganz gelaſſen ein, der ange-
legt hat, und was haſt denn du getroffen?
fuhr er fort. Dies edle Geſchoͤpf, ſagt’ ich.
Er ward von allem unterrichtet, und ver-
ſicherte hoch und theuer, daß wenn er nicht
angelegt gehabt, er gewiß eben ſo, wie ich, ge-
laufen und die Flinte weggeworfen haben
wuͤrde, ſo unverantwortlich es gleich waͤre, Pul-
ver und Schrot, dieſe Gabe Gottes, umkom-
men zu laßen. Luiſe lachte herzlich. —
Die liebe Kleine ſah mich blos lieblich an.
Beyde wußten ſich nicht drinn zu finden,
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/62>, abgerufen am 23.11.2024.
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