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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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etwas unsere Thür vorbey rauschte, seinen
Sohn versteckte, um sich als Litteratus zu
zeigen. Ich glaub' er wär' eher gestorben,
als daß er gestern Abend über Tafel, da
man sich ungefehr nach seinen Kindern er-
kundigte, bemerken sollen, daß Benjamin
das Schneiderhandwerk ergriffen. "Eine
"Tochter und einen Sohn, antwortete er"
auf die Erkundigung nach seinen Kindern,
und mehr keine Sylbe. -- Ich kann mir
vorstellen, wie sorgfältig er sein eigenes Bie-
geleisen, Nadel und Zwirn und Scheere und
Schusterpfriem und Leisten und Töpferrad
verborgen haben wird.

Minchen, sagt' er, ohn auf meine Zu-
rechthülfe zu achten, ist ein Mädchen "die
der Familie keine Schande machen wird"

Er erzählte mir ihre Vorzüge, die ich
gottlob! besser wußte, wie ein Mann, der
seines Sohns sich schämen konnte, blos
weil der Sohn ein Schneider war. Bey
alledem hört' ich ihr Lob mit Vergnügen.
Da er aber auf ihre Kinderjahre kam, ward
ich entzückt. Ich fühlte die Worte von gan-
zem Herzen: Was Gott thut, das ist
wohlgethan!

Der

etwas unſere Thuͤr vorbey rauſchte, ſeinen
Sohn verſteckte, um ſich als Litteratus zu
zeigen. Ich glaub’ er waͤr’ eher geſtorben,
als daß er geſtern Abend uͤber Tafel, da
man ſich ungefehr nach ſeinen Kindern er-
kundigte, bemerken ſollen, daß Benjamin
das Schneiderhandwerk ergriffen. „Eine
„Tochter und einen Sohn, antwortete er„
auf die Erkundigung nach ſeinen Kindern,
und mehr keine Sylbe. — Ich kann mir
vorſtellen, wie ſorgfaͤltig er ſein eigenes Bie-
geleiſen, Nadel und Zwirn und Scheere und
Schuſterpfriem und Leiſten und Toͤpferrad
verborgen haben wird.

Minchen, ſagt’ er, ohn auf meine Zu-
rechthuͤlfe zu achten, iſt ein Maͤdchen „die
der Familie keine Schande machen wird„

Er erzaͤhlte mir ihre Vorzuͤge, die ich
gottlob! beſſer wußte, wie ein Mann, der
ſeines Sohns ſich ſchaͤmen konnte, blos
weil der Sohn ein Schneider war. Bey
alledem hoͤrt’ ich ihr Lob mit Vergnuͤgen.
Da er aber auf ihre Kinderjahre kam, ward
ich entzuͤckt. Ich fuͤhlte die Worte von gan-
zem Herzen: Was Gott thut, das iſt
wohlgethan!

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[30/0036] etwas unſere Thuͤr vorbey rauſchte, ſeinen Sohn verſteckte, um ſich als Litteratus zu zeigen. Ich glaub’ er waͤr’ eher geſtorben, als daß er geſtern Abend uͤber Tafel, da man ſich ungefehr nach ſeinen Kindern er- kundigte, bemerken ſollen, daß Benjamin das Schneiderhandwerk ergriffen. „Eine „Tochter und einen Sohn, antwortete er„ auf die Erkundigung nach ſeinen Kindern, und mehr keine Sylbe. — Ich kann mir vorſtellen, wie ſorgfaͤltig er ſein eigenes Bie- geleiſen, Nadel und Zwirn und Scheere und Schuſterpfriem und Leiſten und Toͤpferrad verborgen haben wird. Minchen, ſagt’ er, ohn auf meine Zu- rechthuͤlfe zu achten, iſt ein Maͤdchen „die der Familie keine Schande machen wird„ Er erzaͤhlte mir ihre Vorzuͤge, die ich gottlob! beſſer wußte, wie ein Mann, der ſeines Sohns ſich ſchaͤmen konnte, blos weil der Sohn ein Schneider war. Bey alledem hoͤrt’ ich ihr Lob mit Vergnuͤgen. Da er aber auf ihre Kinderjahre kam, ward ich entzuͤckt. Ich fuͤhlte die Worte von gan- zem Herzen: Was Gott thut, das iſt wohlgethan! Der

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/36>, abgerufen am 24.11.2024.