Was Gott thut, das ist wohlgethan! Soll ich den Kelch gleich schmecken, der bitter ist nach meinem Wahn; laß ich mich doch nicht schrecken, weil doch zuletzt
(nehmlich wenn sie stirbt)
ich werd ergötzt mit süssem Trost im Herzen; da weichen alle Schmerzen.
Der alte Herr sahe seinen Irthum ein, der jemand, von dem er befürchtete, daß er uns bey diesen Familienangelegenheiten über- fallen würde, gieng unsre Thür vorbey. Herrmann nahm also sein und auf
und, fuhr er fort, (als wenn er das Blatt zuvor zu rechter Zeit umgekehrt hätte) was wolt' ich sagen? und meiner Frauen Ent- weder, Oder ist erfüllet! Entweder Littera- tus oder Schneider. -- Was Gott thut, sagt' ich, das ist wohlgethan! Diese Worte brachten ihn auf Minchen, ich weis nicht wie --
Minchen verdient einen Litteratus, fuhr er fort. Sie verdient, sagt' ich, einen Lit- teratus, der ihren Bruder nicht vernachläs- siget, wenn gleich er ein Schneider ist. Dies beschämte den alten Herrn, der, sobald nur
etwas
Was Gott thut, das iſt wohlgethan! Soll ich den Kelch gleich ſchmecken, der bitter iſt nach meinem Wahn; laß ich mich doch nicht ſchrecken, weil doch zuletzt
(nehmlich wenn ſie ſtirbt)
ich werd ergoͤtzt mit ſuͤſſem Troſt im Herzen; da weichen alle Schmerzen.
Der alte Herr ſahe ſeinen Irthum ein, der jemand, von dem er befuͤrchtete, daß er uns bey dieſen Familienangelegenheiten uͤber- fallen wuͤrde, gieng unſre Thuͤr vorbey. Herrmann nahm alſo ſein und auf
und, fuhr er fort, (als wenn er das Blatt zuvor zu rechter Zeit umgekehrt haͤtte) was wolt’ ich ſagen? und meiner Frauen Ent- weder, Oder iſt erfuͤllet! Entweder Littera- tus oder Schneider. — Was Gott thut, ſagt’ ich, das iſt wohlgethan! Dieſe Worte brachten ihn auf Minchen, ich weis nicht wie —
Minchen verdient einen Litteratus, fuhr er fort. Sie verdient, ſagt’ ich, einen Lit- teratus, der ihren Bruder nicht vernachlaͤſ- ſiget, wenn gleich er ein Schneider iſt. Dies beſchaͤmte den alten Herrn, der, ſobald nur
etwas
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0035"n="29"/><lgtype="poem"><l><hirendition="#fr">Was Gott thut, das iſt wohlgethan!</hi></l><lb/><l>Soll ich den Kelch gleich ſchmecken,</l><lb/><l>der bitter iſt nach meinem Wahn;</l><lb/><l>laß ich mich doch nicht ſchrecken,</l><lb/><l>weil doch zuletzt</l></lg><lb/><p>(nehmlich wenn ſie ſtirbt)</p><lb/><lgtype="poem"><l>ich werd ergoͤtzt</l><lb/><l>mit ſuͤſſem Troſt im Herzen;</l><lb/><l>da weichen alle Schmerzen.</l></lg><lb/><p>Der alte Herr ſahe ſeinen Irthum ein, der<lb/>
jemand, von dem er befuͤrchtete, daß er<lb/>
uns bey dieſen Familienangelegenheiten uͤber-<lb/>
fallen wuͤrde, gieng unſre Thuͤr vorbey.<lb/>
Herrmann nahm alſo ſein <hirendition="#fr">und auf</hi></p><lb/><p><hirendition="#fr">und</hi>, fuhr er fort, (als wenn er das Blatt<lb/>
zuvor zu rechter Zeit umgekehrt haͤtte) was<lb/>
wolt’ ich ſagen? und meiner Frauen <hirendition="#fr">Ent-<lb/>
weder, Oder</hi> iſt erfuͤllet! Entweder Littera-<lb/>
tus oder Schneider. — Was Gott thut,<lb/>ſagt’ ich, das iſt wohlgethan! Dieſe Worte<lb/>
brachten ihn auf Minchen, ich weis nicht<lb/>
wie —</p><lb/><p>Minchen verdient einen Litteratus, fuhr<lb/>
er fort. Sie verdient, ſagt’ ich, einen Lit-<lb/>
teratus, der ihren Bruder nicht vernachlaͤſ-<lb/>ſiget, wenn gleich er ein Schneider iſt. Dies<lb/>
beſchaͤmte den alten Herrn, der, ſobald nur<lb/><fwplace="bottom"type="catch">etwas</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[29/0035]
Was Gott thut, das iſt wohlgethan!
Soll ich den Kelch gleich ſchmecken,
der bitter iſt nach meinem Wahn;
laß ich mich doch nicht ſchrecken,
weil doch zuletzt
(nehmlich wenn ſie ſtirbt)
ich werd ergoͤtzt
mit ſuͤſſem Troſt im Herzen;
da weichen alle Schmerzen.
Der alte Herr ſahe ſeinen Irthum ein, der
jemand, von dem er befuͤrchtete, daß er
uns bey dieſen Familienangelegenheiten uͤber-
fallen wuͤrde, gieng unſre Thuͤr vorbey.
Herrmann nahm alſo ſein und auf
und, fuhr er fort, (als wenn er das Blatt
zuvor zu rechter Zeit umgekehrt haͤtte) was
wolt’ ich ſagen? und meiner Frauen Ent-
weder, Oder iſt erfuͤllet! Entweder Littera-
tus oder Schneider. — Was Gott thut,
ſagt’ ich, das iſt wohlgethan! Dieſe Worte
brachten ihn auf Minchen, ich weis nicht
wie —
Minchen verdient einen Litteratus, fuhr
er fort. Sie verdient, ſagt’ ich, einen Lit-
teratus, der ihren Bruder nicht vernachlaͤſ-
ſiget, wenn gleich er ein Schneider iſt. Dies
beſchaͤmte den alten Herrn, der, ſobald nur
etwas
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/35>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.