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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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standenen Wochen, Benjamin wird entweder
Schneider oder Litteratus, welches sie der
Nothtaufe wegen vermeynte, die Benjamin
empfieng. Das, versicherte sie, hab ich von
alten Leuten, was die Nothtauf' empfängt,
wird eines von beiden. -- Ich suchte sie auf
den rechten Weg zu lenken, und wolte durch-
aus nur vom Litteratus hören und wissen;
allein sie blieb bey ihrem entweder und oder,
Das Bein, welches sich, als er Darius
war, zu seinem Vortheil wendete, und die
rechte Hand, der er auch redlich nachgehol-
fen, bestärkten meine Hofnung, und war-
um solt er nicht? Sein Vater ist ein Lit-
teratus, und meine selige Frau war auch
von gutem Hause; wenigstens kann man ih-
ren Vater ohne Bedenken nennen, (das
war niederschlagend Pulver für mich, damit
ich mich ja nicht überheben möchte) und --
hier glaubte der alte Herr, daß jemand zu uns
käme, und kehrte das Blatt bey der dritten
Reihe von oben auf eine sehr komische Art
um, "das alte Weib, sagt' er, als ob er
fortführe, hatte dem Organisten einen
Streich gespielt, und er sang bey ihrer
Trauung mit einem jungen Menschen, der
sie des leidigen Geldes wegen heyrathete:

Was

ſtandenen Wochen, Benjamin wird entweder
Schneider oder Litteratus, welches ſie der
Nothtaufe wegen vermeynte, die Benjamin
empfieng. Das, verſicherte ſie, hab ich von
alten Leuten, was die Nothtauf’ empfaͤngt,
wird eines von beiden. — Ich ſuchte ſie auf
den rechten Weg zu lenken, und wolte durch-
aus nur vom Litteratus hoͤren und wiſſen;
allein ſie blieb bey ihrem entweder und oder,
Das Bein, welches ſich, als er Darius
war, zu ſeinem Vortheil wendete, und die
rechte Hand, der er auch redlich nachgehol-
fen, beſtaͤrkten meine Hofnung, und war-
um ſolt er nicht? Sein Vater iſt ein Lit-
teratus, und meine ſelige Frau war auch
von gutem Hauſe; wenigſtens kann man ih-
ren Vater ohne Bedenken nennen, (das
war niederſchlagend Pulver fuͤr mich, damit
ich mich ja nicht uͤberheben moͤchte) und —
hier glaubte der alte Herr, daß jemand zu uns
kaͤme, und kehrte das Blatt bey der dritten
Reihe von oben auf eine ſehr komiſche Art
um, „das alte Weib, ſagt’ er, als ob er
fortfuͤhre, hatte dem Organiſten einen
Streich geſpielt, und er ſang bey ihrer
Trauung mit einem jungen Menſchen, der
ſie des leidigen Geldes wegen heyrathete:

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[28/0034] ſtandenen Wochen, Benjamin wird entweder Schneider oder Litteratus, welches ſie der Nothtaufe wegen vermeynte, die Benjamin empfieng. Das, verſicherte ſie, hab ich von alten Leuten, was die Nothtauf’ empfaͤngt, wird eines von beiden. — Ich ſuchte ſie auf den rechten Weg zu lenken, und wolte durch- aus nur vom Litteratus hoͤren und wiſſen; allein ſie blieb bey ihrem entweder und oder, Das Bein, welches ſich, als er Darius war, zu ſeinem Vortheil wendete, und die rechte Hand, der er auch redlich nachgehol- fen, beſtaͤrkten meine Hofnung, und war- um ſolt er nicht? Sein Vater iſt ein Lit- teratus, und meine ſelige Frau war auch von gutem Hauſe; wenigſtens kann man ih- ren Vater ohne Bedenken nennen, (das war niederſchlagend Pulver fuͤr mich, damit ich mich ja nicht uͤberheben moͤchte) und — hier glaubte der alte Herr, daß jemand zu uns kaͤme, und kehrte das Blatt bey der dritten Reihe von oben auf eine ſehr komiſche Art um, „das alte Weib, ſagt’ er, als ob er fortfuͤhre, hatte dem Organiſten einen Streich geſpielt, und er ſang bey ihrer Trauung mit einem jungen Menſchen, der ſie des leidigen Geldes wegen heyrathete: Was

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/34>, abgerufen am 18.04.2024.