Sache so weit mit Minen, daß alles das Kir- chengestühl, wo Herr v. E. saß, und Minen, in einer Reihe ansahe, so, daß mein Vater selbst ein paarmal ein Wort zweymal sagen, und ein andres lang ziehen mußt', um sich auf das folgende zu besinnen. So sehr ward er gestöhrt! Mine hört', indem sie aus der Kirche gieng "der Braut im Gestühl drückt' er "die Hand, und von Jungfer Minchen läßt er "kein Auge, was ist besser Hand oder Auge?"
Herrmaun ward in dieser Verlobungszeit mit keiner Ladung beehrt; allein daß er mit dem Herrn v. E. in Verbindung war, ergab sich unter andern daraus, weil sie häufig Briefe wechselten, weil verschiedenes in die Küche kam, wovon aber Mine keinen Bissen aß, und weil Herrmann so gefällig gegen Mi- nen that, daß sie sich vollständig überzeugte: es gieng' etwas vor. --
Sie hatte schon oft an ihren Bruder in diesen Herzensnöthen geschrieben; jetzt schrieb sie dringender, und Benjamin kam. Seine Ankunft konnte bey Herrmann um so weniger Verdacht erwecken, da er selbst verlangt hat- te, daß sein Sohn zur Schicht und Theilung kommen solte. Es ist unaussprechlich, wie sich Mine freute, ihres Geliebten Gevollmäch-
tigten,
Sache ſo weit mit Minen, daß alles das Kir- chengeſtuͤhl, wo Herr v. E. ſaß, und Minen, in einer Reihe anſahe, ſo, daß mein Vater ſelbſt ein paarmal ein Wort zweymal ſagen, und ein andres lang ziehen mußt’, um ſich auf das folgende zu beſinnen. So ſehr ward er geſtoͤhrt! Mine hoͤrt’, indem ſie aus der Kirche gieng „der Braut im Geſtuͤhl druͤckt’ er „die Hand, und von Jungfer Minchen laͤßt er „kein Auge, was iſt beſſer Hand oder Auge?„
Herrmaun ward in dieſer Verlobungszeit mit keiner Ladung beehrt; allein daß er mit dem Herrn v. E. in Verbindung war, ergab ſich unter andern daraus, weil ſie haͤufig Briefe wechſelten, weil verſchiedenes in die Kuͤche kam, wovon aber Mine keinen Biſſen aß, und weil Herrmann ſo gefaͤllig gegen Mi- nen that, daß ſie ſich vollſtaͤndig uͤberzeugte: es gieng’ etwas vor. —
Sie hatte ſchon oft an ihren Bruder in dieſen Herzensnoͤthen geſchrieben; jetzt ſchrieb ſie dringender, und Benjamin kam. Seine Ankunft konnte bey Herrmann um ſo weniger Verdacht erwecken, da er ſelbſt verlangt hat- te, daß ſein Sohn zur Schicht und Theilung kommen ſolte. Es iſt unausſprechlich, wie ſich Mine freute, ihres Geliebten Gevollmaͤch-
tigten,
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Sache ſo weit mit Minen, daß alles das Kir-
chengeſtuͤhl, wo Herr v. E. ſaß, und Minen,
in einer Reihe anſahe, ſo, daß mein Vater
ſelbſt ein paarmal ein Wort zweymal ſagen,
und ein andres lang ziehen mußt’, um ſich
auf das folgende zu beſinnen. So ſehr ward
er geſtoͤhrt! Mine hoͤrt’, indem ſie aus der
Kirche gieng „der Braut im Geſtuͤhl druͤckt’ er
„die Hand, und von Jungfer Minchen laͤßt er
„kein Auge, was iſt beſſer Hand oder Auge?„
Herrmaun ward in dieſer Verlobungszeit
mit keiner Ladung beehrt; allein daß er mit
dem Herrn v. E. in Verbindung war, ergab
ſich unter andern daraus, weil ſie haͤufig
Briefe wechſelten, weil verſchiedenes in die
Kuͤche kam, wovon aber Mine keinen Biſſen
aß, und weil Herrmann ſo gefaͤllig gegen Mi-
nen that, daß ſie ſich vollſtaͤndig uͤberzeugte: es
gieng’ etwas vor. —
Sie hatte ſchon oft an ihren Bruder in
dieſen Herzensnoͤthen geſchrieben; jetzt ſchrieb
ſie dringender, und Benjamin kam. Seine
Ankunft konnte bey Herrmann um ſo weniger
Verdacht erwecken, da er ſelbſt verlangt hat-
te, daß ſein Sohn zur Schicht und Theilung
kommen ſolte. Es iſt unausſprechlich, wie
ſich Mine freute, ihres Geliebten Gevollmaͤch-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/344>, abgerufen am 22.11.2024.
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