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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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lehrten Hand des alten Herrn edirt war.
Zwey, die ich im Kasten hatte, waren so
gar durch ihn geflickt -- und verbessert und
vermehrt zum andernmal aufgelegt. Das
ist dem Benjamin nicht, fuhr er fort, in
seiner Wiege vorgesungen, und da er Darius
war, hatt' er so gut König zu seyn die Ehre,
als ein anderer. Manchem kommen die ge-
bratene Tauben entgegen, ein anderer muß
ihnen Netz und Strick legen, und sie erst
fangen und braten. -- Das Schneider-
handwerk, fuhr er nach einer Weile fort,
da ich nicht nöthig fand, ihm auf den Wie-
gengesang und die Dariusehre zu antwor-
ten, das Schneiderhandwerk ist bey alle dem
für den Sohn eines Litteratus noch das schick-
lichste. Gott der Herr setzte selbst, nach
dem betrübten Sündenfall, dieses geschenkte
Handwerk ein, und verfertigte die ersten
Kleider. -- Was zu thun? Er sitzt bey
einem sehr geschickten Schneider auf Prima,
und wird künftige Ostern Student, oder
Gesell, wie es die Leute nennen. (Diese
Worte waren ein Gemisch von Stolz und
Satyre. Sie waren der alte Herr selbst.
Wer ihn hier nicht findet, findet ihn nirgend.)
Meine selige Frau sagte mir gleich nach über-

stande-

lehrten Hand des alten Herrn edirt war.
Zwey, die ich im Kaſten hatte, waren ſo
gar durch ihn geflickt — und verbeſſert und
vermehrt zum andernmal aufgelegt. Das
iſt dem Benjamin nicht, fuhr er fort, in
ſeiner Wiege vorgeſungen, und da er Darius
war, hatt’ er ſo gut Koͤnig zu ſeyn die Ehre,
als ein anderer. Manchem kommen die ge-
bratene Tauben entgegen, ein anderer muß
ihnen Netz und Strick legen, und ſie erſt
fangen und braten. — Das Schneider-
handwerk, fuhr er nach einer Weile fort,
da ich nicht noͤthig fand, ihm auf den Wie-
gengeſang und die Dariusehre zu antwor-
ten, das Schneiderhandwerk iſt bey alle dem
fuͤr den Sohn eines Litteratus noch das ſchick-
lichſte. Gott der Herr ſetzte ſelbſt, nach
dem betruͤbten Suͤndenfall, dieſes geſchenkte
Handwerk ein, und verfertigte die erſten
Kleider. — Was zu thun? Er ſitzt bey
einem ſehr geſchickten Schneider auf Prima,
und wird kuͤnftige Oſtern Student, oder
Geſell, wie es die Leute nennen. (Dieſe
Worte waren ein Gemiſch von Stolz und
Satyre. Sie waren der alte Herr ſelbſt.
Wer ihn hier nicht findet, findet ihn nirgend.)
Meine ſelige Frau ſagte mir gleich nach uͤber-

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[27/0033] lehrten Hand des alten Herrn edirt war. Zwey, die ich im Kaſten hatte, waren ſo gar durch ihn geflickt — und verbeſſert und vermehrt zum andernmal aufgelegt. Das iſt dem Benjamin nicht, fuhr er fort, in ſeiner Wiege vorgeſungen, und da er Darius war, hatt’ er ſo gut Koͤnig zu ſeyn die Ehre, als ein anderer. Manchem kommen die ge- bratene Tauben entgegen, ein anderer muß ihnen Netz und Strick legen, und ſie erſt fangen und braten. — Das Schneider- handwerk, fuhr er nach einer Weile fort, da ich nicht noͤthig fand, ihm auf den Wie- gengeſang und die Dariusehre zu antwor- ten, das Schneiderhandwerk iſt bey alle dem fuͤr den Sohn eines Litteratus noch das ſchick- lichſte. Gott der Herr ſetzte ſelbſt, nach dem betruͤbten Suͤndenfall, dieſes geſchenkte Handwerk ein, und verfertigte die erſten Kleider. — Was zu thun? Er ſitzt bey einem ſehr geſchickten Schneider auf Prima, und wird kuͤnftige Oſtern Student, oder Geſell, wie es die Leute nennen. (Dieſe Worte waren ein Gemiſch von Stolz und Satyre. Sie waren der alte Herr ſelbſt. Wer ihn hier nicht findet, findet ihn nirgend.) Meine ſelige Frau ſagte mir gleich nach uͤber- ſtande-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/33>, abgerufen am 24.11.2024.