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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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eifer gesagt, schrie zu Gott um Rache, und
unsre Stadtnympfen wolten ihm hart fallen.
-- Ich war Augen- und Ohrenzeuge von
ihrem witzigen Ausfall -- er sah sie nur an
und sie, gleich in die Flucht. --

Unsere Bekanntschaften waren, außer den
beyden Nachbarn, das Hauß eines Creys-
richters, auf deßen Hauß uns unser Vorfahr
gleichfals eine Aßignation zurück gelaßen. Die-
ser Creysrichter, der eine alte Frau des Gel-
des wegen geheyrathet, hatte keine Kinder.
Er braucht' ein Paar junge Leute zu seinen
häufigen Gesellschaften, als Hausofficire,
und obgleich diese Stellen besetzt waren; so
honorirt' er doch die Aßignation unsers Vor-
fahren, deßen Andenken überhaupt im Se-
gen war. Ich nahm selten an diesen Zeit-
verkürzungen Antheil; indessen lernten wir ei-
nen königlichen Rath bey dem Creysrichter
kennen, der an Leib und Seel auffiel, und
sich auch bey jedermann zu erhalten im Stande
war. Er schien gegen vierzig, und hatte
sehr feine Kenntniße. Er las die Alten und
kannte die Neuern. Er legt' es nicht dazu
an, daß man ihm dies anhören und ansehen
möchte; allein wo er stand und gieng streut'
er Funken. Er verdrängte keinen. Er ver-

nich-

eifer geſagt, ſchrie zu Gott um Rache, und
unſre Stadtnympfen wolten ihm hart fallen.
— Ich war Augen- und Ohrenzeuge von
ihrem witzigen Ausfall — er ſah ſie nur an
und ſie, gleich in die Flucht. —

Unſere Bekanntſchaften waren, außer den
beyden Nachbarn, das Hauß eines Creys-
richters, auf deßen Hauß uns unſer Vorfahr
gleichfals eine Aßignation zuruͤck gelaßen. Die-
ſer Creysrichter, der eine alte Frau des Gel-
des wegen geheyrathet, hatte keine Kinder.
Er braucht’ ein Paar junge Leute zu ſeinen
haͤufigen Geſellſchaften, als Hausofficire,
und obgleich dieſe Stellen beſetzt waren; ſo
honorirt’ er doch die Aßignation unſers Vor-
fahren, deßen Andenken uͤberhaupt im Se-
gen war. Ich nahm ſelten an dieſen Zeit-
verkuͤrzungen Antheil; indeſſen lernten wir ei-
nen koͤniglichen Rath bey dem Creysrichter
kennen, der an Leib und Seel auffiel, und
ſich auch bey jedermann zu erhalten im Stande
war. Er ſchien gegen vierzig, und hatte
ſehr feine Kenntniße. Er las die Alten und
kannte die Neuern. Er legt’ es nicht dazu
an, daß man ihm dies anhoͤren und anſehen
moͤchte; allein wo er ſtand und gieng ſtreut’
er Funken. Er verdraͤngte keinen. Er ver-

nich-
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[269/0277] eifer geſagt, ſchrie zu Gott um Rache, und unſre Stadtnympfen wolten ihm hart fallen. — Ich war Augen- und Ohrenzeuge von ihrem witzigen Ausfall — er ſah ſie nur an und ſie, gleich in die Flucht. — Unſere Bekanntſchaften waren, außer den beyden Nachbarn, das Hauß eines Creys- richters, auf deßen Hauß uns unſer Vorfahr gleichfals eine Aßignation zuruͤck gelaßen. Die- ſer Creysrichter, der eine alte Frau des Gel- des wegen geheyrathet, hatte keine Kinder. Er braucht’ ein Paar junge Leute zu ſeinen haͤufigen Geſellſchaften, als Hausofficire, und obgleich dieſe Stellen beſetzt waren; ſo honorirt’ er doch die Aßignation unſers Vor- fahren, deßen Andenken uͤberhaupt im Se- gen war. Ich nahm ſelten an dieſen Zeit- verkuͤrzungen Antheil; indeſſen lernten wir ei- nen koͤniglichen Rath bey dem Creysrichter kennen, der an Leib und Seel auffiel, und ſich auch bey jedermann zu erhalten im Stande war. Er ſchien gegen vierzig, und hatte ſehr feine Kenntniße. Er las die Alten und kannte die Neuern. Er legt’ es nicht dazu an, daß man ihm dies anhoͤren und anſehen moͤchte; allein wo er ſtand und gieng ſtreut’ er Funken. Er verdraͤngte keinen. Er ver- nich-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/277>, abgerufen am 22.11.2024.