Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

des Lachens enthalten, da er den heut be-
grabenen einen Zugvogel nannte. Da ich
die Versaßung dieses ehrlichen Droßelpfarrers
hörte; fand ich die Erklärung, die er von
den letzten Worten:
und für
gemacht hatte, der Sache so vollkommen an-
gemeßen, daß ich überzeugt war, das Geld
hätte nicht beßer angelegt werden können,
wenn es ins Hospital gekommen wäre! Die
so genannte Pastoralklugheit ist, in einer gu-
ten Uebersetzung, eine wohlehrwürdige Be-
mühung, auf anderer Leute Kosten zu leben,
bey unserm Droßelpastor nicht also. --

Ich erkundigte mich noch nach verschie-
denen Umständen des zur Ruhe gebrachten;
allein außer dem, was der gute Pfarrer in
der Kirche angebracht, wußt' er kein Wort. --

Ich gab dem Pastor loci für den Alten,
der sich in einem finstern Kirchenwinkel auf-
gestützt hatte, und die Worte:

und hescheide meinen Erben
einen Gott, der wird nicht sterben!

überlaut sang, eine Kleinigkeit, um sie ihm
morgen abzugeben. So hat er, sagt' ich,
zwey frohe Tage, -- denn wenn er gleich
Alters wegen nicht getragen hat --

Aller-

des Lachens enthalten, da er den heut be-
grabenen einen Zugvogel nannte. Da ich
die Verſaßung dieſes ehrlichen Droßelpfarrers
hoͤrte; fand ich die Erklaͤrung, die er von
den letzten Worten:
und fuͤr
gemacht hatte, der Sache ſo vollkommen an-
gemeßen, daß ich uͤberzeugt war, das Geld
haͤtte nicht beßer angelegt werden koͤnnen,
wenn es ins Hoſpital gekommen waͤre! Die
ſo genannte Paſtoralklugheit iſt, in einer gu-
ten Ueberſetzung, eine wohlehrwuͤrdige Be-
muͤhung, auf anderer Leute Koſten zu leben,
bey unſerm Droßelpaſtor nicht alſo. —

Ich erkundigte mich noch nach verſchie-
denen Umſtaͤnden des zur Ruhe gebrachten;
allein außer dem, was der gute Pfarrer in
der Kirche angebracht, wußt’ er kein Wort. —

Ich gab dem Paſtor loci fuͤr den Alten,
der ſich in einem finſtern Kirchenwinkel auf-
geſtuͤtzt hatte, und die Worte:

und heſcheide meinen Erben
einen Gott, der wird nicht ſterben!

uͤberlaut ſang, eine Kleinigkeit, um ſie ihm
morgen abzugeben. So hat er, ſagt’ ich,
zwey frohe Tage, — denn wenn er gleich
Alters wegen nicht getragen hat —

Aller-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0210" n="202"/>
des Lachens enthalten, da er den heut be-<lb/>
grabenen einen <hi rendition="#fr">Zugvogel</hi> nannte. Da ich<lb/>
die Ver&#x017F;aßung die&#x017F;es ehrlichen Droßelpfarrers<lb/>
ho&#x0364;rte; fand ich die Erkla&#x0364;rung, die er von<lb/>
den letzten Worten:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">und fu&#x0364;r</hi></hi><lb/>
gemacht hatte, der Sache &#x017F;o vollkommen an-<lb/>
gemeßen, daß ich u&#x0364;berzeugt war, das Geld<lb/>
ha&#x0364;tte nicht beßer angelegt werden ko&#x0364;nnen,<lb/>
wenn es ins Ho&#x017F;pital gekommen wa&#x0364;re! Die<lb/>
&#x017F;o genannte Pa&#x017F;toralklugheit i&#x017F;t, in einer gu-<lb/>
ten Ueber&#x017F;etzung, eine wohlehrwu&#x0364;rdige Be-<lb/>
mu&#x0364;hung, auf anderer Leute Ko&#x017F;ten zu leben,<lb/>
bey un&#x017F;erm Droßelpa&#x017F;tor nicht al&#x017F;o. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Ich erkundigte mich noch nach ver&#x017F;chie-<lb/>
denen Um&#x017F;ta&#x0364;nden des zur Ruhe gebrachten;<lb/>
allein außer dem, was der gute Pfarrer in<lb/>
der Kirche angebracht, wußt&#x2019; er kein Wort. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Ich gab dem Pa&#x017F;tor loci fu&#x0364;r den Alten,<lb/>
der &#x017F;ich in einem fin&#x017F;tern Kirchenwinkel auf-<lb/>
ge&#x017F;tu&#x0364;tzt hatte, und die Worte:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>und he&#x017F;cheide meinen Erben</l><lb/>
            <l>einen Gott, der wird nicht &#x017F;terben!</l>
          </lg><lb/>
          <p>u&#x0364;berlaut &#x017F;ang, eine Kleinigkeit, um &#x017F;ie ihm<lb/>
morgen abzugeben. So hat er, &#x017F;agt&#x2019; ich,<lb/>
zwey frohe Tage, &#x2014; denn wenn er gleich<lb/>
Alters wegen nicht getragen hat &#x2014;</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Aller-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0210] des Lachens enthalten, da er den heut be- grabenen einen Zugvogel nannte. Da ich die Verſaßung dieſes ehrlichen Droßelpfarrers hoͤrte; fand ich die Erklaͤrung, die er von den letzten Worten: und fuͤr gemacht hatte, der Sache ſo vollkommen an- gemeßen, daß ich uͤberzeugt war, das Geld haͤtte nicht beßer angelegt werden koͤnnen, wenn es ins Hoſpital gekommen waͤre! Die ſo genannte Paſtoralklugheit iſt, in einer gu- ten Ueberſetzung, eine wohlehrwuͤrdige Be- muͤhung, auf anderer Leute Koſten zu leben, bey unſerm Droßelpaſtor nicht alſo. — Ich erkundigte mich noch nach verſchie- denen Umſtaͤnden des zur Ruhe gebrachten; allein außer dem, was der gute Pfarrer in der Kirche angebracht, wußt’ er kein Wort. — Ich gab dem Paſtor loci fuͤr den Alten, der ſich in einem finſtern Kirchenwinkel auf- geſtuͤtzt hatte, und die Worte: und heſcheide meinen Erben einen Gott, der wird nicht ſterben! uͤberlaut ſang, eine Kleinigkeit, um ſie ihm morgen abzugeben. So hat er, ſagt’ ich, zwey frohe Tage, — denn wenn er gleich Alters wegen nicht getragen hat — Aller-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/210
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/210>, abgerufen am 23.11.2024.