als wenn dieser Brief der lezte sey, den du, eh' ich sterbe, von mir lesen wirst, der lezte, dünkt mich, ohne zu wißen warum? Diese Ahndung fährt mir kalt durch alle Glieder, und läßt ein Zittern und Beben zurück, ein Zittern und Beben, daß ich die Feder nicht halten kann, auch die Gedanken nicht. -- Lieber Junge! wie kann mir so was ahnden? Ich bin noch nie ohnmächtig gewesen; allein wenn dieser ganze Brief nicht schon eine würk- lich' Ohnmacht ist; -- so ist mir so, als sey eine in der Nähe. -- Unser Briefplan, Lieber! wird eine Abänderung leiden. -- Benjamin kann dir mündlich die Ursache sa- gen. Es sind ihrer viel, Benjamin ist mein Bruder, mein Geliebter, mach ihn, wenn er dir diesen Brief abgiebt, zu dem Deini- gen. Weih' ihn dazu ein! damit es Ein- druck bey ihm mache! -- Wir haben beyde, Benjamin und ich, lange lange überlegt, und ganze Seiten in Gedanken ausgestrichen und links und rechts versucht, -- das best' ist und bleibt, daß du deine Briefe nicht an Benjamin überschreibst und -- sondern -- sondern -- -- -- Benjamin kennt ihn vollständig. Es bleibt, daß du die Brief' an -- -- meinem Vater zur Abgab' em-
pfiehlst
als wenn dieſer Brief der lezte ſey, den du, eh’ ich ſterbe, von mir leſen wirſt, der lezte, duͤnkt mich, ohne zu wißen warum? Dieſe Ahndung faͤhrt mir kalt durch alle Glieder, und laͤßt ein Zittern und Beben zuruͤck, ein Zittern und Beben, daß ich die Feder nicht halten kann, auch die Gedanken nicht. — Lieber Junge! wie kann mir ſo was ahnden? Ich bin noch nie ohnmaͤchtig geweſen; allein wenn dieſer ganze Brief nicht ſchon eine wuͤrk- lich’ Ohnmacht iſt; — ſo iſt mir ſo, als ſey eine in der Naͤhe. — Unſer Briefplan, Lieber! wird eine Abaͤnderung leiden. — Benjamin kann dir muͤndlich die Urſache ſa- gen. Es ſind ihrer viel, Benjamin iſt mein Bruder, mein Geliebter, mach ihn, wenn er dir dieſen Brief abgiebt, zu dem Deini- gen. Weih’ ihn dazu ein! damit es Ein- druck bey ihm mache! — Wir haben beyde, Benjamin und ich, lange lange uͤberlegt, und ganze Seiten in Gedanken ausgeſtrichen und links und rechts verſucht, — das beſt’ iſt und bleibt, daß du deine Briefe nicht an Benjamin uͤberſchreibſt und — ſondern — ſondern — — — Benjamin kennt ihn vollſtaͤndig. Es bleibt, daß du die Brief’ an — — meinem Vater zur Abgab’ em-
pfiehlſt
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0115"n="109"/>
als wenn dieſer Brief der lezte ſey, den du,<lb/>
eh’ ich ſterbe, von mir leſen wirſt, der lezte,<lb/>
duͤnkt mich, ohne zu wißen warum? Dieſe<lb/>
Ahndung faͤhrt mir kalt durch alle Glieder,<lb/>
und laͤßt ein Zittern und Beben zuruͤck, ein<lb/>
Zittern und Beben, daß ich die Feder nicht<lb/>
halten kann, auch die Gedanken nicht. —<lb/>
Lieber Junge! wie kann mir ſo was ahnden?<lb/>
Ich bin noch nie ohnmaͤchtig geweſen; allein<lb/>
wenn dieſer ganze Brief nicht ſchon eine wuͤrk-<lb/>
lich’ Ohnmacht iſt; —ſo iſt mir ſo, als<lb/>ſey eine in der Naͤhe. — Unſer Briefplan,<lb/>
Lieber! wird eine Abaͤnderung leiden. —<lb/>
Benjamin kann dir muͤndlich die Urſache ſa-<lb/>
gen. Es ſind ihrer viel, Benjamin iſt mein<lb/>
Bruder, mein Geliebter, mach ihn, wenn<lb/>
er dir dieſen Brief abgiebt, zu dem Deini-<lb/>
gen. Weih’ ihn dazu ein! damit es Ein-<lb/>
druck bey ihm mache! — Wir haben beyde,<lb/>
Benjamin und ich, lange lange uͤberlegt,<lb/>
und ganze Seiten in Gedanken ausgeſtrichen<lb/>
und links und rechts verſucht, — das beſt’<lb/>
iſt und bleibt, daß du deine Briefe nicht an<lb/>
Benjamin uͤberſchreibſt und —ſondern —<lb/>ſondern ——— Benjamin kennt ihn<lb/>
vollſtaͤndig. Es bleibt, daß du die Brief’<lb/>
an —— meinem Vater zur Abgab’ em-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">pfiehlſt</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[109/0115]
als wenn dieſer Brief der lezte ſey, den du,
eh’ ich ſterbe, von mir leſen wirſt, der lezte,
duͤnkt mich, ohne zu wißen warum? Dieſe
Ahndung faͤhrt mir kalt durch alle Glieder,
und laͤßt ein Zittern und Beben zuruͤck, ein
Zittern und Beben, daß ich die Feder nicht
halten kann, auch die Gedanken nicht. —
Lieber Junge! wie kann mir ſo was ahnden?
Ich bin noch nie ohnmaͤchtig geweſen; allein
wenn dieſer ganze Brief nicht ſchon eine wuͤrk-
lich’ Ohnmacht iſt; — ſo iſt mir ſo, als
ſey eine in der Naͤhe. — Unſer Briefplan,
Lieber! wird eine Abaͤnderung leiden. —
Benjamin kann dir muͤndlich die Urſache ſa-
gen. Es ſind ihrer viel, Benjamin iſt mein
Bruder, mein Geliebter, mach ihn, wenn
er dir dieſen Brief abgiebt, zu dem Deini-
gen. Weih’ ihn dazu ein! damit es Ein-
druck bey ihm mache! — Wir haben beyde,
Benjamin und ich, lange lange uͤberlegt,
und ganze Seiten in Gedanken ausgeſtrichen
und links und rechts verſucht, — das beſt’
iſt und bleibt, daß du deine Briefe nicht an
Benjamin uͤberſchreibſt und — ſondern —
ſondern — — — Benjamin kennt ihn
vollſtaͤndig. Es bleibt, daß du die Brief’
an — — meinem Vater zur Abgab’ em-
pfiehlſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/115>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.