Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

mancherlei und manches geredet wurde.
Meine Mutter war sehr für schriftliche Auf-
säze, mein Vater wie alle Leute seiner Art
für's mündliche. Die gute Frau war ent-
schlossen dem Converso eine schriftlich abge-
faßte Instrucktion mitzugeben, da er frölich
seine Strasse zog, indessen blieb es doch bei
einer mündlichen.

Wanken Sie weder zur Rechten noch
zur Linken. Wer beharret bis ans Ende
der wird seelig, die Beständigkeit sey um Sie
wie ein Kleid, das Sie anhaben, und wie
Gürtel womit Sie sich gürten. Wie ein
frisches Hemde am schwulen Tage sey Ihnen
der Trost des christlichen Gewissens. Vater
und Mutter haben Sie verlassen, aber der
Herr hat sie angenommen -- Sie werden
nicht blos ein Grasbürger ein Einwohner der
Vorstädte in der Stadt Gottes seyn, son-
dern mit Ehren und Schmuck werden Sie
in die Hauptstadt eingehen: Ihr Kern und
Stern bleibe das Lied:

Keinen hat Gott verlassen sezte sie hinzu
Sie sind ihm diese Dankbarkeit schuldig.

Der Conversus hatte ihr erzählt, daß
dies Lied für ihn der Wecker zur christlichen
Religion gewesen und ohne Zweifel war diese

Er-

mancherlei und manches geredet wurde.
Meine Mutter war ſehr fuͤr ſchriftliche Auf-
ſaͤze, mein Vater wie alle Leute ſeiner Art
fuͤr’s muͤndliche. Die gute Frau war ent-
ſchloſſen dem Converſo eine ſchriftlich abge-
faßte Inſtrucktion mitzugeben, da er froͤlich
ſeine Straſſe zog, indeſſen blieb es doch bei
einer muͤndlichen.

Wanken Sie weder zur Rechten noch
zur Linken. Wer beharret bis ans Ende
der wird ſeelig, die Beſtaͤndigkeit ſey um Sie
wie ein Kleid, das Sie anhaben, und wie
Guͤrtel womit Sie ſich guͤrten. Wie ein
friſches Hemde am ſchwulen Tage ſey Ihnen
der Troſt des chriſtlichen Gewiſſens. Vater
und Mutter haben Sie verlaſſen, aber der
Herr hat ſie angenommen — Sie werden
nicht blos ein Grasbuͤrger ein Einwohner der
Vorſtaͤdte in der Stadt Gottes ſeyn, ſon-
dern mit Ehren und Schmuck werden Sie
in die Hauptſtadt eingehen: Ihr Kern und
Stern bleibe das Lied:

Keinen hat Gott verlaſſen ſezte ſie hinzu
Sie ſind ihm dieſe Dankbarkeit ſchuldig.

Der Converſus hatte ihr erzaͤhlt, daß
dies Lied fuͤr ihn der Wecker zur chriſtlichen
Religion geweſen und ohne Zweifel war dieſe

Er-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0085" n="77"/>
mancherlei und manches geredet wurde.<lb/>
Meine Mutter war &#x017F;ehr fu&#x0364;r &#x017F;chriftliche Auf-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;ze, mein Vater wie alle Leute &#x017F;einer Art<lb/>
fu&#x0364;r&#x2019;s mu&#x0364;ndliche. Die gute Frau war ent-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en dem Conver&#x017F;o eine &#x017F;chriftlich abge-<lb/>
faßte In&#x017F;trucktion mitzugeben, da er fro&#x0364;lich<lb/>
&#x017F;eine Stra&#x017F;&#x017F;e zog, inde&#x017F;&#x017F;en blieb es doch bei<lb/>
einer mu&#x0364;ndlichen.</p><lb/>
        <p>Wanken Sie weder zur Rechten noch<lb/>
zur Linken. Wer beharret bis ans Ende<lb/>
der wird &#x017F;eelig, die Be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit &#x017F;ey um Sie<lb/>
wie ein Kleid, das Sie anhaben, und wie<lb/>
Gu&#x0364;rtel womit Sie &#x017F;ich gu&#x0364;rten. Wie ein<lb/>
fri&#x017F;ches Hemde am &#x017F;chwulen Tage &#x017F;ey Ihnen<lb/>
der Tro&#x017F;t des chri&#x017F;tlichen Gewi&#x017F;&#x017F;ens. Vater<lb/>
und Mutter haben Sie verla&#x017F;&#x017F;en, aber der<lb/>
Herr hat &#x017F;ie angenommen &#x2014; Sie werden<lb/>
nicht blos ein Grasbu&#x0364;rger ein Einwohner der<lb/>
Vor&#x017F;ta&#x0364;dte in der Stadt Gottes &#x017F;eyn, &#x017F;on-<lb/>
dern mit Ehren und Schmuck werden Sie<lb/>
in die Haupt&#x017F;tadt eingehen: Ihr Kern und<lb/>
Stern bleibe das Lied:</p><lb/>
        <p>Keinen hat Gott verla&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ezte &#x017F;ie hinzu<lb/>
Sie &#x017F;ind ihm die&#x017F;e Dankbarkeit &#x017F;chuldig.</p><lb/>
        <p>Der Conver&#x017F;us hatte ihr erza&#x0364;hlt, daß<lb/>
dies Lied fu&#x0364;r ihn der Wecker zur chri&#x017F;tlichen<lb/>
Religion gewe&#x017F;en und ohne Zweifel war die&#x017F;e<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Er-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0085] mancherlei und manches geredet wurde. Meine Mutter war ſehr fuͤr ſchriftliche Auf- ſaͤze, mein Vater wie alle Leute ſeiner Art fuͤr’s muͤndliche. Die gute Frau war ent- ſchloſſen dem Converſo eine ſchriftlich abge- faßte Inſtrucktion mitzugeben, da er froͤlich ſeine Straſſe zog, indeſſen blieb es doch bei einer muͤndlichen. Wanken Sie weder zur Rechten noch zur Linken. Wer beharret bis ans Ende der wird ſeelig, die Beſtaͤndigkeit ſey um Sie wie ein Kleid, das Sie anhaben, und wie Guͤrtel womit Sie ſich guͤrten. Wie ein friſches Hemde am ſchwulen Tage ſey Ihnen der Troſt des chriſtlichen Gewiſſens. Vater und Mutter haben Sie verlaſſen, aber der Herr hat ſie angenommen — Sie werden nicht blos ein Grasbuͤrger ein Einwohner der Vorſtaͤdte in der Stadt Gottes ſeyn, ſon- dern mit Ehren und Schmuck werden Sie in die Hauptſtadt eingehen: Ihr Kern und Stern bleibe das Lied: Keinen hat Gott verlaſſen ſezte ſie hinzu Sie ſind ihm dieſe Dankbarkeit ſchuldig. Der Converſus hatte ihr erzaͤhlt, daß dies Lied fuͤr ihn der Wecker zur chriſtlichen Religion geweſen und ohne Zweifel war dieſe Er-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/85
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/85>, abgerufen am 05.10.2024.