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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Geburt. So müßen auch deine Worte fal-
len. Kreise nicht; sprich aber gerade herun-
ter. Ein junger Geistlicher muß seine Pre-
digt blöd anfangen, und dreist vollenden,
dann hat er alles, was ihm hört, wie eine
Klette am Kleide. Der Geruch hat seine
Moden, die ein Pastor nicht mitmachen darf.
Bisam und allerley wohlriechende Wasser
sind nicht für ein schwarzes Kleid. Wilst
du wohl riechen, so seys nach Himmelschlüs-
seln, Rosen und Nägelchen (nicht Nelcken, wie
Etliche wähnen). Diese Gerüche bekommen
wie täglich Brod allen Menschen, und keine
schwangere Frau wird drüber ohnmächtig am
Beichtstuhl werden. Sey starck am inwen-
digen Menschen. Deine Seele sey wacker,
dein Herz ohne Falsch; so wird auch der aus-
wendige Mensch blühen und Frücht' ansetzen.
Die Seele ist der Gärtner, der Leib ist die
Pflanze, die gezogen wird. Sprich zuweilen
laut, sonst glauben die Leute nicht, daß es
Ernst ist. Ich habe dir in deiner Jugend
angerathen, das Skelett von den Butter-
bluhmen auf einmal wegzuhauchen. Es stärkt
die Lunge. So wird Gott, der gerechte Rich-
ter, die Welt weghauchen! Ein jeder Lehrer
muß mehr sagen, als im Concept ist. Was

aus
Y 5

Geburt. So muͤßen auch deine Worte fal-
len. Kreiſe nicht; ſprich aber gerade herun-
ter. Ein junger Geiſtlicher muß ſeine Pre-
digt bloͤd anfangen, und dreiſt vollenden,
dann hat er alles, was ihm hoͤrt, wie eine
Klette am Kleide. Der Geruch hat ſeine
Moden, die ein Paſtor nicht mitmachen darf.
Biſam und allerley wohlriechende Waſſer
ſind nicht fuͤr ein ſchwarzes Kleid. Wilſt
du wohl riechen, ſo ſeys nach Himmelſchluͤſ-
ſeln, Roſen und Naͤgelchen (nicht Nelcken, wie
Etliche waͤhnen). Dieſe Geruͤche bekommen
wie taͤglich Brod allen Menſchen, und keine
ſchwangere Frau wird druͤber ohnmaͤchtig am
Beichtſtuhl werden. Sey ſtarck am inwen-
digen Menſchen. Deine Seele ſey wacker,
dein Herz ohne Falſch; ſo wird auch der aus-
wendige Menſch bluͤhen und Fruͤcht’ anſetzen.
Die Seele iſt der Gaͤrtner, der Leib iſt die
Pflanze, die gezogen wird. Sprich zuweilen
laut, ſonſt glauben die Leute nicht, daß es
Ernſt iſt. Ich habe dir in deiner Jugend
angerathen, das Skelett von den Butter-
bluhmen auf einmal wegzuhauchen. Es ſtaͤrkt
die Lunge. So wird Gott, der gerechte Rich-
ter, die Welt weghauchen! Ein jeder Lehrer
muß mehr ſagen, als im Concept iſt. Was

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[343/0355] Geburt. So muͤßen auch deine Worte fal- len. Kreiſe nicht; ſprich aber gerade herun- ter. Ein junger Geiſtlicher muß ſeine Pre- digt bloͤd anfangen, und dreiſt vollenden, dann hat er alles, was ihm hoͤrt, wie eine Klette am Kleide. Der Geruch hat ſeine Moden, die ein Paſtor nicht mitmachen darf. Biſam und allerley wohlriechende Waſſer ſind nicht fuͤr ein ſchwarzes Kleid. Wilſt du wohl riechen, ſo ſeys nach Himmelſchluͤſ- ſeln, Roſen und Naͤgelchen (nicht Nelcken, wie Etliche waͤhnen). Dieſe Geruͤche bekommen wie taͤglich Brod allen Menſchen, und keine ſchwangere Frau wird druͤber ohnmaͤchtig am Beichtſtuhl werden. Sey ſtarck am inwen- digen Menſchen. Deine Seele ſey wacker, dein Herz ohne Falſch; ſo wird auch der aus- wendige Menſch bluͤhen und Fruͤcht’ anſetzen. Die Seele iſt der Gaͤrtner, der Leib iſt die Pflanze, die gezogen wird. Sprich zuweilen laut, ſonſt glauben die Leute nicht, daß es Ernſt iſt. Ich habe dir in deiner Jugend angerathen, das Skelett von den Butter- bluhmen auf einmal wegzuhauchen. Es ſtaͤrkt die Lunge. So wird Gott, der gerechte Rich- ter, die Welt weghauchen! Ein jeder Lehrer muß mehr ſagen, als im Concept iſt. Was aus Y 5

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/355>, abgerufen am 23.11.2024.