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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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dich für böser Nachrede, denn die Welt liegt
im Argen. Wenn man des Morgens von
da herausgehet, wo man des Abends herein
gegangen, sagen die Leute, man sey die ganze
Nacht da gewesen. Der Schlund der Welt
ist ein offenes Grab, mit der Zunge handlen
sie trüglich. Ottergift ist unter den Lippen,
der Mund ist voll Fluchens und Bitterkeit.
Die Obrigkeit ist des lieben Gottes Soldaten-
stand, die Priester sind sein Civilstand. Es
ist traun! ein Weib aus dem Stamme Levi
eine helle Lampe auf dem heiligen Leuchter.
Mein! heyrathe keine andre, denn sie hat ein
gut Muster gehabt. Schone dein Auge für
die hebräischen Punckte, und gaffe nicht nach
Dirnen der Stadt. Denck nicht eher an
eine Hausfrau, bis du ein Hauß hast. Wo
kein Zaun; ißt jeder das Obst, eh es reif ist;
so auch bey einem Pastor ohne Pastorinn.
Leib und Seele können nicht zu gleicher Zeit
essen und verdauen. Wer mit der Seele
arbeitet, kann den Pflug nicht führen. Du
solst dem Ochsen, der da drischet, nicht das
Maul verbinden. Item ein Lehrer ist seiner
Calende werth. Wer säet, erndtet in zwölf
Monaten. Wer Gottes Wort verkündiget,
erndtet in Ewigkeit, Heil dir! du hast beym

lieben
X 2

dich fuͤr boͤſer Nachrede, denn die Welt liegt
im Argen. Wenn man des Morgens von
da herausgehet, wo man des Abends herein
gegangen, ſagen die Leute, man ſey die ganze
Nacht da geweſen. Der Schlund der Welt
iſt ein offenes Grab, mit der Zunge handlen
ſie truͤglich. Ottergift iſt unter den Lippen,
der Mund iſt voll Fluchens und Bitterkeit.
Die Obrigkeit iſt des lieben Gottes Soldaten-
ſtand, die Prieſter ſind ſein Civilſtand. Es
iſt traun! ein Weib aus dem Stamme Levi
eine helle Lampe auf dem heiligen Leuchter.
Mein! heyrathe keine andre, denn ſie hat ein
gut Muſter gehabt. Schone dein Auge fuͤr
die hebraͤiſchen Punckte, und gaffe nicht nach
Dirnen der Stadt. Denck nicht eher an
eine Hausfrau, bis du ein Hauß haſt. Wo
kein Zaun; ißt jeder das Obſt, eh es reif iſt;
ſo auch bey einem Paſtor ohne Paſtorinn.
Leib und Seele koͤnnen nicht zu gleicher Zeit
eſſen und verdauen. Wer mit der Seele
arbeitet, kann den Pflug nicht fuͤhren. Du
ſolſt dem Ochſen, der da driſchet, nicht das
Maul verbinden. Item ein Lehrer iſt ſeiner
Calende werth. Wer ſaͤet, erndtet in zwoͤlf
Monaten. Wer Gottes Wort verkuͤndiget,
erndtet in Ewigkeit, Heil dir! du haſt beym

lieben
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[321/0333] dich fuͤr boͤſer Nachrede, denn die Welt liegt im Argen. Wenn man des Morgens von da herausgehet, wo man des Abends herein gegangen, ſagen die Leute, man ſey die ganze Nacht da geweſen. Der Schlund der Welt iſt ein offenes Grab, mit der Zunge handlen ſie truͤglich. Ottergift iſt unter den Lippen, der Mund iſt voll Fluchens und Bitterkeit. Die Obrigkeit iſt des lieben Gottes Soldaten- ſtand, die Prieſter ſind ſein Civilſtand. Es iſt traun! ein Weib aus dem Stamme Levi eine helle Lampe auf dem heiligen Leuchter. Mein! heyrathe keine andre, denn ſie hat ein gut Muſter gehabt. Schone dein Auge fuͤr die hebraͤiſchen Punckte, und gaffe nicht nach Dirnen der Stadt. Denck nicht eher an eine Hausfrau, bis du ein Hauß haſt. Wo kein Zaun; ißt jeder das Obſt, eh es reif iſt; ſo auch bey einem Paſtor ohne Paſtorinn. Leib und Seele koͤnnen nicht zu gleicher Zeit eſſen und verdauen. Wer mit der Seele arbeitet, kann den Pflug nicht fuͤhren. Du ſolſt dem Ochſen, der da driſchet, nicht das Maul verbinden. Item ein Lehrer iſt ſeiner Calende werth. Wer ſaͤet, erndtet in zwoͤlf Monaten. Wer Gottes Wort verkuͤndiget, erndtet in Ewigkeit, Heil dir! du haſt beym lieben X 2

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/333>, abgerufen am 25.11.2024.