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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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aus, als bis du zu Bett gehest. Das Hem-
de ist dir näher, als der Rock. Eigener
Heerd ist Goldes werth. Rathen macht
Schuld, und du stellest Wechsel aus, wenn du
Rath gibst. Die Naseweisheit ist, wenn
man die Nase höher hält, als sie gewachsen.
Nimm dieses zu Ohren und Herzen; denn
du hast eine Nase, die was gilt unter den
Leuten. Die Nase ist der Text zum Men-
schen, die Stirne der erste Eingang, die Lip-
pen das Thema, worüber in gegenwärtiger
Stunde soll geprediget werden. Wein und
Weiber bethören die Weisen. Männerlist
ist behend, Weiberlist ohn End. Kleider,
Scharrfuß, Lachen und Gang, melden den
Menschen an. Kluge Leute wissen schon,
was am Jüngling ist, wenn sie ihn sehen
die Nase schneutzen. Ein Thor ist schwerer
als Bley. Krebs ist kein Essen auf der Post.
Hilf dir selber, ehe du andre arzeneyest. Was
Niemand wissen soll, sage keinem. Wer einen
üblen Rausch hat, verscheuchet seine Freunde,
wie ein Schuß die Vögel. Erst Rauch, dann
Feuer, so Scheltworte, dann Schläge. Der
Arzt ist der Sünde Scharfrichter, ehre ihn
denn der Herr hat ihn geschaffen, und er
trägt das Schwert nicht umsonst. Hüte

dich

aus, als bis du zu Bett geheſt. Das Hem-
de iſt dir naͤher, als der Rock. Eigener
Heerd iſt Goldes werth. Rathen macht
Schuld, und du ſtelleſt Wechſel aus, wenn du
Rath gibſt. Die Naſeweisheit iſt, wenn
man die Naſe hoͤher haͤlt, als ſie gewachſen.
Nimm dieſes zu Ohren und Herzen; denn
du haſt eine Naſe, die was gilt unter den
Leuten. Die Naſe iſt der Text zum Men-
ſchen, die Stirne der erſte Eingang, die Lip-
pen das Thema, woruͤber in gegenwaͤrtiger
Stunde ſoll geprediget werden. Wein und
Weiber bethoͤren die Weiſen. Maͤnnerliſt
iſt behend, Weiberliſt ohn End. Kleider,
Scharrfuß, Lachen und Gang, melden den
Menſchen an. Kluge Leute wiſſen ſchon,
was am Juͤngling iſt, wenn ſie ihn ſehen
die Naſe ſchneutzen. Ein Thor iſt ſchwerer
als Bley. Krebs iſt kein Eſſen auf der Poſt.
Hilf dir ſelber, ehe du andre arzeneyeſt. Was
Niemand wiſſen ſoll, ſage keinem. Wer einen
uͤblen Rauſch hat, verſcheuchet ſeine Freunde,
wie ein Schuß die Voͤgel. Erſt Rauch, dann
Feuer, ſo Scheltworte, dann Schlaͤge. Der
Arzt iſt der Suͤnde Scharfrichter, ehre ihn
denn der Herr hat ihn geſchaffen, und er
traͤgt das Schwert nicht umſonſt. Huͤte

dich
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[320/0332] aus, als bis du zu Bett geheſt. Das Hem- de iſt dir naͤher, als der Rock. Eigener Heerd iſt Goldes werth. Rathen macht Schuld, und du ſtelleſt Wechſel aus, wenn du Rath gibſt. Die Naſeweisheit iſt, wenn man die Naſe hoͤher haͤlt, als ſie gewachſen. Nimm dieſes zu Ohren und Herzen; denn du haſt eine Naſe, die was gilt unter den Leuten. Die Naſe iſt der Text zum Men- ſchen, die Stirne der erſte Eingang, die Lip- pen das Thema, woruͤber in gegenwaͤrtiger Stunde ſoll geprediget werden. Wein und Weiber bethoͤren die Weiſen. Maͤnnerliſt iſt behend, Weiberliſt ohn End. Kleider, Scharrfuß, Lachen und Gang, melden den Menſchen an. Kluge Leute wiſſen ſchon, was am Juͤngling iſt, wenn ſie ihn ſehen die Naſe ſchneutzen. Ein Thor iſt ſchwerer als Bley. Krebs iſt kein Eſſen auf der Poſt. Hilf dir ſelber, ehe du andre arzeneyeſt. Was Niemand wiſſen ſoll, ſage keinem. Wer einen uͤblen Rauſch hat, verſcheuchet ſeine Freunde, wie ein Schuß die Voͤgel. Erſt Rauch, dann Feuer, ſo Scheltworte, dann Schlaͤge. Der Arzt iſt der Suͤnde Scharfrichter, ehre ihn denn der Herr hat ihn geſchaffen, und er traͤgt das Schwert nicht umſonſt. Huͤte dich

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/332>, abgerufen am 25.11.2024.