Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

wie sich's eignet und gebühret, mit Haut
und Haar, mit Herzen, Mund und Händen,
Curländer.

Deine liebe Grosmutter, so gastfrey wie
ich, bat abzulegen. Dein Vater thats nicht
eher, als bis er die Anwerbung angebracht
hatte -- nicht um mich, so weit sind wir
noch nicht, sondern um die Informatorstelle,
die im Kirchspiel offen war -- Hofmeister-
stelle,
sagte dein Grosvater, und belehrte zu-
gleich deinen Vater, daß ein Prediger Pa-
stor hieße, und des bin ich herzinniglich
froh, und verehre im Staube die wunder-
bare Schickung Gottes in Curland: denn
kein Tittel hat solche Verkürzungen erlitten,
als Pastor auf deutsch. Erst hieß es Pfarr-
herr, mithin Herr von forne und Herr von
hinten, wie's billig ist, Herr Pfarrherr.
Nachher Pfarrer und jetzo Pfarr. Daß
sich Gott erbarme! wer nicht buchstabiren
kann, schreibt Farr, und das ist ein einjähri-
ger Ochse. In der Aussprache ist so kein
Unterschied, wenn man auch drey Ohren hät-
te! Mein Vater war bey Sr. Hochwohlge-
bohrnen, der für seinen Sohn einen Hofmei-
ster suchte, Hahnchen im Korbe. Sehr gern,
sagte mein Vater, wenn wir wenig werden --

Jezt

wie ſich’s eignet und gebuͤhret, mit Haut
und Haar, mit Herzen, Mund und Haͤnden,
Curlaͤnder.

Deine liebe Grosmutter, ſo gaſtfrey wie
ich, bat abzulegen. Dein Vater thats nicht
eher, als bis er die Anwerbung angebracht
hatte — nicht um mich, ſo weit ſind wir
noch nicht, ſondern um die Informatorſtelle,
die im Kirchſpiel offen war — Hofmeiſter-
ſtelle,
ſagte dein Grosvater, und belehrte zu-
gleich deinen Vater, daß ein Prediger Pa-
ſtor hieße, und des bin ich herzinniglich
froh, und verehre im Staube die wunder-
bare Schickung Gottes in Curland: denn
kein Tittel hat ſolche Verkuͤrzungen erlitten,
als Paſtor auf deutſch. Erſt hieß es Pfarr-
herr, mithin Herr von forne und Herr von
hinten, wie’s billig iſt, Herr Pfarrherr.
Nachher Pfarrer und jetzo Pfarr. Daß
ſich Gott erbarme! wer nicht buchſtabiren
kann, ſchreibt Farr, und das iſt ein einjaͤhri-
ger Ochſe. In der Ausſprache iſt ſo kein
Unterſchied, wenn man auch drey Ohren haͤt-
te! Mein Vater war bey Sr. Hochwohlge-
bohrnen, der fuͤr ſeinen Sohn einen Hofmei-
ſter ſuchte, Hahnchen im Korbe. Sehr gern,
ſagte mein Vater, wenn wir wenig werden —

Jezt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0270" n="258"/>
wie &#x017F;ich&#x2019;s eignet und gebu&#x0364;hret, mit Haut<lb/>
und Haar, mit Herzen, Mund und Ha&#x0364;nden,<lb/>
Curla&#x0364;nder.</p><lb/>
        <p>Deine liebe Grosmutter, &#x017F;o ga&#x017F;tfrey wie<lb/>
ich, bat abzulegen. Dein Vater thats nicht<lb/>
eher, als bis er die Anwerbung angebracht<lb/>
hatte &#x2014; nicht um mich, &#x017F;o weit &#x017F;ind wir<lb/>
noch nicht, &#x017F;ondern um die <hi rendition="#fr">Informator&#x017F;telle,</hi><lb/>
die im Kirch&#x017F;piel offen war &#x2014; <hi rendition="#fr">Hofmei&#x017F;ter-<lb/>
&#x017F;telle,</hi> &#x017F;agte dein Grosvater, und belehrte zu-<lb/>
gleich deinen Vater, daß ein Prediger Pa-<lb/>
&#x017F;tor hieße, und des bin ich herzinniglich<lb/>
froh, und verehre im Staube die wunder-<lb/>
bare Schickung Gottes in Curland: denn<lb/>
kein Tittel hat &#x017F;olche Verku&#x0364;rzungen erlitten,<lb/>
als Pa&#x017F;tor auf deut&#x017F;ch. Er&#x017F;t hieß es Pfarr-<lb/>
herr, mithin Herr von forne und Herr von<lb/>
hinten, wie&#x2019;s billig i&#x017F;t, Herr Pfarrherr.<lb/>
Nachher Pfarrer und jetzo Pfarr. Daß<lb/>
&#x017F;ich Gott erbarme! wer nicht buch&#x017F;tabiren<lb/>
kann, &#x017F;chreibt Farr, und das i&#x017F;t ein einja&#x0364;hri-<lb/>
ger Och&#x017F;e. In der Aus&#x017F;prache i&#x017F;t &#x017F;o kein<lb/>
Unter&#x017F;chied, wenn man auch drey Ohren ha&#x0364;t-<lb/>
te! Mein Vater war bey Sr. Hochwohlge-<lb/>
bohrnen, der fu&#x0364;r &#x017F;einen Sohn einen Hofmei-<lb/>
&#x017F;ter &#x017F;uchte, Hahnchen im Korbe. Sehr gern,<lb/>
&#x017F;agte mein Vater, wenn wir wenig werden &#x2014;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Jezt</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0270] wie ſich’s eignet und gebuͤhret, mit Haut und Haar, mit Herzen, Mund und Haͤnden, Curlaͤnder. Deine liebe Grosmutter, ſo gaſtfrey wie ich, bat abzulegen. Dein Vater thats nicht eher, als bis er die Anwerbung angebracht hatte — nicht um mich, ſo weit ſind wir noch nicht, ſondern um die Informatorſtelle, die im Kirchſpiel offen war — Hofmeiſter- ſtelle, ſagte dein Grosvater, und belehrte zu- gleich deinen Vater, daß ein Prediger Pa- ſtor hieße, und des bin ich herzinniglich froh, und verehre im Staube die wunder- bare Schickung Gottes in Curland: denn kein Tittel hat ſolche Verkuͤrzungen erlitten, als Paſtor auf deutſch. Erſt hieß es Pfarr- herr, mithin Herr von forne und Herr von hinten, wie’s billig iſt, Herr Pfarrherr. Nachher Pfarrer und jetzo Pfarr. Daß ſich Gott erbarme! wer nicht buchſtabiren kann, ſchreibt Farr, und das iſt ein einjaͤhri- ger Ochſe. In der Ausſprache iſt ſo kein Unterſchied, wenn man auch drey Ohren haͤt- te! Mein Vater war bey Sr. Hochwohlge- bohrnen, der fuͤr ſeinen Sohn einen Hofmei- ſter ſuchte, Hahnchen im Korbe. Sehr gern, ſagte mein Vater, wenn wir wenig werden — Jezt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/270
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/270>, abgerufen am 26.06.2024.