Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

empor zu arbeiten. Will er ein ehrlicher
Landsmann seyn muß er wie der Haufen
nichts lernen. Es sind kleine Höfe auf den
deutschen hohen Schulen errichtet der Prinz
der Reichsgraf halten sich Cammerherren
Stallmeister Hofmarschälle u. s. w.

Auf Universitäten sagt dir jeder Lehrer
nicht was du zu wissen nöthig hast, sondern
was er weiß. Da lernst du den Werth der
Wissenschaft nicht von dem der sie vorträgt
sondern von seinem Nachbar einem andern
Professor der sie verachtet.

Erinnerst du dich was der Herr Candi-
dat -- von einem benachbarten Könige er-
zählte der seinen Professor der Moral, selbst
prüfte. Herr sagt' er moralisir' er mir was
vor, damit ich seh' ob er was weiß
. Ich
fand hier viel richtiges gesagt, und noch eins
auf den Weg von einem Professor der Mo-
ral, der durch seinen Wandel seine Lehren
mit Gift hinrichtete. Was hör ich von ihm?
sagte der dirigirende Minister dieser hohen
Schule "Verzeihen Ew. Excellenz ich bin nur
extraordinarius"

Diese Rede wiederrief nun zwar mein
Vater nicht; indessen lenckt' er jetzo alles zum

Besten,

empor zu arbeiten. Will er ein ehrlicher
Landsmann ſeyn muß er wie der Haufen
nichts lernen. Es ſind kleine Hoͤfe auf den
deutſchen hohen Schulen errichtet der Prinz
der Reichsgraf halten ſich Cammerherren
Stallmeiſter Hofmarſchaͤlle u. ſ. w.

Auf Univerſitaͤten ſagt dir jeder Lehrer
nicht was du zu wiſſen noͤthig haſt, ſondern
was er weiß. Da lernſt du den Werth der
Wiſſenſchaft nicht von dem der ſie vortraͤgt
ſondern von ſeinem Nachbar einem andern
Profeſſor der ſie verachtet.

Erinnerſt du dich was der Herr Candi-
dat — von einem benachbarten Koͤnige er-
zaͤhlte der ſeinen Profeſſor der Moral, ſelbſt
pruͤfte. Herr ſagt’ er moraliſir’ er mir was
vor, damit ich ſeh’ ob er was weiß
. Ich
fand hier viel richtiges geſagt, und noch eins
auf den Weg von einem Profeſſor der Mo-
ral, der durch ſeinen Wandel ſeine Lehren
mit Gift hinrichtete. Was hoͤr ich von ihm?
ſagte der dirigirende Miniſter dieſer hohen
Schule „Verzeihen Ew. Excellenz ich bin nur
extraordinarius„

Dieſe Rede wiederrief nun zwar mein
Vater nicht; indeſſen lenckt’ er jetzo alles zum

Beſten,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0210" n="202"/>
empor zu arbeiten. Will er ein ehrlicher<lb/>
Landsmann &#x017F;eyn muß er wie der Haufen<lb/>
nichts lernen. Es &#x017F;ind kleine Ho&#x0364;fe auf den<lb/>
deut&#x017F;chen hohen Schulen errichtet der Prinz<lb/>
der Reichsgraf halten &#x017F;ich Cammerherren<lb/>
Stallmei&#x017F;ter Hofmar&#x017F;cha&#x0364;lle u. &#x017F;. w.</p><lb/>
        <p>Auf Univer&#x017F;ita&#x0364;ten &#x017F;agt dir jeder Lehrer<lb/>
nicht was du zu wi&#x017F;&#x017F;en no&#x0364;thig ha&#x017F;t, &#x017F;ondern<lb/>
was er weiß. Da lern&#x017F;t du den Werth der<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft nicht von dem der &#x017F;ie vortra&#x0364;gt<lb/>
&#x017F;ondern von &#x017F;einem Nachbar einem andern<lb/>
Profe&#x017F;&#x017F;or der &#x017F;ie verachtet.</p><lb/>
        <p>Erinner&#x017F;t du dich was der Herr Candi-<lb/>
dat &#x2014; von einem benachbarten Ko&#x0364;nige er-<lb/>
za&#x0364;hlte der &#x017F;einen Profe&#x017F;&#x017F;or der Moral, &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
pru&#x0364;fte. Herr &#x017F;agt&#x2019; er <hi rendition="#fr">morali&#x017F;ir&#x2019; er mir was<lb/>
vor, damit ich &#x017F;eh&#x2019; ob er was weiß</hi>. Ich<lb/>
fand hier viel richtiges ge&#x017F;agt, und noch eins<lb/>
auf den Weg von einem Profe&#x017F;&#x017F;or der Mo-<lb/>
ral, der durch &#x017F;einen Wandel &#x017F;eine Lehren<lb/>
mit Gift hinrichtete. <hi rendition="#fr">Was ho&#x0364;r ich von ihm?</hi><lb/>
&#x017F;agte der dirigirende Mini&#x017F;ter die&#x017F;er hohen<lb/>
Schule &#x201E;Verzeihen Ew. Excellenz ich bin nur<lb/>
extraordinarius&#x201E;</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Rede wiederrief nun zwar mein<lb/>
Vater nicht; inde&#x017F;&#x017F;en lenckt&#x2019; er jetzo alles zum<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Be&#x017F;ten,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0210] empor zu arbeiten. Will er ein ehrlicher Landsmann ſeyn muß er wie der Haufen nichts lernen. Es ſind kleine Hoͤfe auf den deutſchen hohen Schulen errichtet der Prinz der Reichsgraf halten ſich Cammerherren Stallmeiſter Hofmarſchaͤlle u. ſ. w. Auf Univerſitaͤten ſagt dir jeder Lehrer nicht was du zu wiſſen noͤthig haſt, ſondern was er weiß. Da lernſt du den Werth der Wiſſenſchaft nicht von dem der ſie vortraͤgt ſondern von ſeinem Nachbar einem andern Profeſſor der ſie verachtet. Erinnerſt du dich was der Herr Candi- dat — von einem benachbarten Koͤnige er- zaͤhlte der ſeinen Profeſſor der Moral, ſelbſt pruͤfte. Herr ſagt’ er moraliſir’ er mir was vor, damit ich ſeh’ ob er was weiß. Ich fand hier viel richtiges geſagt, und noch eins auf den Weg von einem Profeſſor der Mo- ral, der durch ſeinen Wandel ſeine Lehren mit Gift hinrichtete. Was hoͤr ich von ihm? ſagte der dirigirende Miniſter dieſer hohen Schule „Verzeihen Ew. Excellenz ich bin nur extraordinarius„ Dieſe Rede wiederrief nun zwar mein Vater nicht; indeſſen lenckt’ er jetzo alles zum Beſten,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/210
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/210>, abgerufen am 18.05.2024.