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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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mir kein gordianischer Knoten vorgekommen
obgleich ich mich schon in dieser Erwartung
im Knotenlösen so geübt hatte, daß mir so
leicht nichts zu sehr verknüpfet war. Ich
hatte den Stolz den Knoten nicht symbolisch
nicht witzig sondern künstlich lösen zu wollen.
Da ich indessen eine geraume Zeit vergebens
auf einen gordianischen Knoten gewartet
hatte führte mich die Knotensucht auf das
Geistische. Ich legte diesen Umstand in der
Geschichte des Alexanders so aus, wie man
vieles auszulegen gewohnt ist. Ich deutet'
es auf schwere Stellen in den Autoren die
man durchaus witzig lösen muß. Mein
Kopf war hiebey so fertig als meine Hand
beym Strickzeug: und wie Alexander nach
dem Berichte des oberwehnten Romanenstel-
lers sagte: nihil interest quomodo soluatur;
so konnte man auch was loco citato hinzu-
gefüget wird von meinen meisten kritischen
Erzählungen sagen oraculi sortem vel clusit
vel implevit.

Es würde ferner eine Unwahrheit seyn
wenn ich meinen Lesern erzählen solte daß
ich meinen Vater beneidet und mit Thränen
bedauret, daß er mir keine Sünder zu bekeh-
ren übrig ließe.


Mein
G 3

mir kein gordianiſcher Knoten vorgekommen
obgleich ich mich ſchon in dieſer Erwartung
im Knotenloͤſen ſo geuͤbt hatte, daß mir ſo
leicht nichts zu ſehr verknuͤpfet war. Ich
hatte den Stolz den Knoten nicht ſymboliſch
nicht witzig ſondern kuͤnſtlich loͤſen zu wollen.
Da ich indeſſen eine geraume Zeit vergebens
auf einen gordianiſchen Knoten gewartet
hatte fuͤhrte mich die Knotenſucht auf das
Geiſtiſche. Ich legte dieſen Umſtand in der
Geſchichte des Alexanders ſo aus, wie man
vieles auszulegen gewohnt iſt. Ich deutet’
es auf ſchwere Stellen in den Autoren die
man durchaus witzig loͤſen muß. Mein
Kopf war hiebey ſo fertig als meine Hand
beym Strickzeug: und wie Alexander nach
dem Berichte des oberwehnten Romanenſtel-
lers ſagte: nihil intereſt quomodo ſoluatur;
ſo konnte man auch was loco citato hinzu-
gefuͤget wird von meinen meiſten kritiſchen
Erzaͤhlungen ſagen oraculi ſortem vel cluſit
vel implevit.

Es wuͤrde ferner eine Unwahrheit ſeyn
wenn ich meinen Leſern erzaͤhlen ſolte daß
ich meinen Vater beneidet und mit Thraͤnen
bedauret, daß er mir keine Suͤnder zu bekeh-
ren uͤbrig ließe.


Mein
G 3
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[99/0107] mir kein gordianiſcher Knoten vorgekommen obgleich ich mich ſchon in dieſer Erwartung im Knotenloͤſen ſo geuͤbt hatte, daß mir ſo leicht nichts zu ſehr verknuͤpfet war. Ich hatte den Stolz den Knoten nicht ſymboliſch nicht witzig ſondern kuͤnſtlich loͤſen zu wollen. Da ich indeſſen eine geraume Zeit vergebens auf einen gordianiſchen Knoten gewartet hatte fuͤhrte mich die Knotenſucht auf das Geiſtiſche. Ich legte dieſen Umſtand in der Geſchichte des Alexanders ſo aus, wie man vieles auszulegen gewohnt iſt. Ich deutet’ es auf ſchwere Stellen in den Autoren die man durchaus witzig loͤſen muß. Mein Kopf war hiebey ſo fertig als meine Hand beym Strickzeug: und wie Alexander nach dem Berichte des oberwehnten Romanenſtel- lers ſagte: nihil intereſt quomodo ſoluatur; ſo konnte man auch was loco citato hinzu- gefuͤget wird von meinen meiſten kritiſchen Erzaͤhlungen ſagen oraculi ſortem vel cluſit vel implevit. Es wuͤrde ferner eine Unwahrheit ſeyn wenn ich meinen Leſern erzaͤhlen ſolte daß ich meinen Vater beneidet und mit Thraͤnen bedauret, daß er mir keine Suͤnder zu bekeh- ren uͤbrig ließe. Mein G 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/107>, abgerufen am 04.10.2024.