Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.mens schmerzlich empfand. Und als er endlich nach In den Ferien kam Clemens zu den Eltern zurück, mens ſchmerzlich empfand. Und als er endlich nach In den Ferien kam Clemens zu den Eltern zurück, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0049" n="37"/> mens ſchmerzlich empfand. Und als er endlich nach<lb/> der Stadt in die Schule ſollte, vermochte ſie's, ge¬<lb/> faßter als die Andern ihm Lebewohl zu ſagen. Sie<lb/> ging dann freilich wochenlang wie im Traum umher,<lb/> als ſei die beſte Hälfte ihres Weſens von ihr geſchie¬<lb/> den. Bald aber war ſie heiter wie ſonſt, ſang ihre<lb/> Lieblingslieder vor ſich hin und ſcherzte mit dem Va¬<lb/> ter, bis ſie ihm ein Lachen abgewann. Wenn die<lb/> Pfarrerin herüberkam mit Briefen aus der Stadt<lb/> und ihr Nachrichten und Grüße von Clemens vorlas,<lb/> ſchlug ihr heimlich das Herz und ſie lag länger als<lb/> ſonſt des Abends im Bett, ohne daß der Schlaf<lb/> kommen wollte. Am andern Morgen war ſie hellen<lb/> Sinnes, wie immer.</p><lb/> <p>In den Ferien kam Clemens zu den Eltern zurück,<lb/> und ſein erſter Gang war dann ins Küſterhaus.<lb/> Marlene unterſchied ſeinen Schritt ſchon aus der<lb/> Ferne, blieb ſtill wo ſie war und horchte, ob er nach<lb/> ihr fragen würde. Sie ſtrich haſtig mit den Händ¬<lb/> chen ihr Haar ein wenig glatt, das noch immer in<lb/> Zöpfchen über den ſchlanken Nacken hing und ſtand<lb/> auf von ihrer Arbeit. Trat er dann an die Thür,<lb/> ſo war jede Spur von Aufregung aus ihrem Geſicht<lb/> verſchwunden. Heiter gab ſie ihm die Hand und bat<lb/> ihn, ſich zu ihr zu ſetzen und ihr zu erzählen. Da<lb/> vergaß er denn die Zeit und mußte von der Mutter<lb/> geholt werden, die anfing mit ihm zu geizen. Denn<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [37/0049]
mens ſchmerzlich empfand. Und als er endlich nach
der Stadt in die Schule ſollte, vermochte ſie's, ge¬
faßter als die Andern ihm Lebewohl zu ſagen. Sie
ging dann freilich wochenlang wie im Traum umher,
als ſei die beſte Hälfte ihres Weſens von ihr geſchie¬
den. Bald aber war ſie heiter wie ſonſt, ſang ihre
Lieblingslieder vor ſich hin und ſcherzte mit dem Va¬
ter, bis ſie ihm ein Lachen abgewann. Wenn die
Pfarrerin herüberkam mit Briefen aus der Stadt
und ihr Nachrichten und Grüße von Clemens vorlas,
ſchlug ihr heimlich das Herz und ſie lag länger als
ſonſt des Abends im Bett, ohne daß der Schlaf
kommen wollte. Am andern Morgen war ſie hellen
Sinnes, wie immer.
In den Ferien kam Clemens zu den Eltern zurück,
und ſein erſter Gang war dann ins Küſterhaus.
Marlene unterſchied ſeinen Schritt ſchon aus der
Ferne, blieb ſtill wo ſie war und horchte, ob er nach
ihr fragen würde. Sie ſtrich haſtig mit den Händ¬
chen ihr Haar ein wenig glatt, das noch immer in
Zöpfchen über den ſchlanken Nacken hing und ſtand
auf von ihrer Arbeit. Trat er dann an die Thür,
ſo war jede Spur von Aufregung aus ihrem Geſicht
verſchwunden. Heiter gab ſie ihm die Hand und bat
ihn, ſich zu ihr zu ſetzen und ihr zu erzählen. Da
vergaß er denn die Zeit und mußte von der Mutter
geholt werden, die anfing mit ihm zu geizen. Denn
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