Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

mir, hinter mir, ja! fuhr er fort, und denkt davon,
was Ihr mögt; nur laßt Alles bleiben, wie es war.
Versprecht mir's!

Theodor stand in Schmerzen. Er dachte daran,
daß er in wenig Tagen fern von hier das Alles auch
ansehn würde, als läge es weit, weit hinter ihm.
Aber er konnt' ihm das nicht gestehen, wenn er nicht
das Nächste, was zu thun war, zerrütten wollte.

Ich muß dennoch reden, sagte er endlich. Hätt'
ich gestern geschwiegen, da ich mit jenen leichtsinnigen
Worten Eure Ruhe erschütterte, so wäre Euch viel
erspart. Ihr hättet die Perle nicht von Euch ge¬
worfen, nach der ich Thor einen übermüthigen selbst¬
vergessenen Augenblick lang die Hand ausstreckte.

Bianchi schwieg; die Glut stieg ihm auf, er suchte
nach Worten. -- Wenn ich sie Euch nun wieder
brächte und sagte: Da habt sie wieder; ich beneide
Euch nicht, denn mein Herz hängt an einem andern
Kleinod und es braucht kein Opfer, um uns Beide
bei einander zu halten -- würdet Ihr mir glauben,
Carlo?

Er sah den Wechsel der übermächtigen Empfin¬
dungen auf dem Gesicht des Freundes. Der Künstler
hielt sich am Tisch, das Haupt auf die Brust gedrückt,
die schwer arbeitete; die Lippen bewegten sich tonlos.
Theodor ging zur Thür und rief: Caterina! Sie

mir, hinter mir, ja! fuhr er fort, und denkt davon,
was Ihr mögt; nur laßt Alles bleiben, wie es war.
Verſprecht mir's!

Theodor ſtand in Schmerzen. Er dachte daran,
daß er in wenig Tagen fern von hier das Alles auch
anſehn würde, als läge es weit, weit hinter ihm.
Aber er konnt' ihm das nicht geſtehen, wenn er nicht
das Nächſte, was zu thun war, zerrütten wollte.

Ich muß dennoch reden, ſagte er endlich. Hätt'
ich geſtern geſchwiegen, da ich mit jenen leichtſinnigen
Worten Eure Ruhe erſchütterte, ſo wäre Euch viel
erſpart. Ihr hättet die Perle nicht von Euch ge¬
worfen, nach der ich Thor einen übermüthigen ſelbſt¬
vergeſſenen Augenblick lang die Hand ausſtreckte.

Bianchi ſchwieg; die Glut ſtieg ihm auf, er ſuchte
nach Worten. — Wenn ich ſie Euch nun wieder
brächte und ſagte: Da habt ſie wieder; ich beneide
Euch nicht, denn mein Herz hängt an einem andern
Kleinod und es braucht kein Opfer, um uns Beide
bei einander zu halten — würdet Ihr mir glauben,
Carlo?

Er ſah den Wechſel der übermächtigen Empfin¬
dungen auf dem Geſicht des Freundes. Der Künſtler
hielt ſich am Tiſch, das Haupt auf die Bruſt gedrückt,
die ſchwer arbeitete; die Lippen bewegten ſich tonlos.
Theodor ging zur Thür und rief: Caterina! Sie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0229" n="217"/>
mir, hinter mir, ja! fuhr er fort, und denkt davon,<lb/>
was Ihr mögt; nur laßt Alles bleiben, wie es war.<lb/>
Ver&#x017F;precht mir's!</p><lb/>
        <p>Theodor &#x017F;tand in Schmerzen. Er dachte daran,<lb/>
daß er in wenig Tagen fern von hier das Alles auch<lb/>
an&#x017F;ehn würde, als läge es weit, weit hinter ihm.<lb/>
Aber er konnt' ihm das nicht ge&#x017F;tehen, wenn er nicht<lb/>
das Näch&#x017F;te, was zu thun war, zerrütten wollte.</p><lb/>
        <p>Ich muß dennoch reden, &#x017F;agte er endlich. Hätt'<lb/>
ich ge&#x017F;tern ge&#x017F;chwiegen, da ich mit jenen leicht&#x017F;innigen<lb/>
Worten Eure Ruhe er&#x017F;chütterte, &#x017F;o wäre Euch viel<lb/>
er&#x017F;part. Ihr hättet die Perle nicht von Euch ge¬<lb/>
worfen, nach der ich Thor einen übermüthigen &#x017F;elb&#x017F;<lb/>
verge&#x017F;&#x017F;enen Augenblick lang die Hand aus&#x017F;treckte.</p><lb/>
        <p>Bianchi &#x017F;chwieg; die Glut &#x017F;tieg ihm auf, er &#x017F;uchte<lb/>
nach Worten. &#x2014; Wenn ich &#x017F;ie Euch nun wieder<lb/>
brächte und &#x017F;agte: Da habt &#x017F;ie wieder; ich beneide<lb/>
Euch nicht, denn mein Herz hängt an einem andern<lb/>
Kleinod und es braucht kein Opfer, um uns Beide<lb/>
bei einander zu halten &#x2014; würdet Ihr mir glauben,<lb/>
Carlo?</p><lb/>
        <p>Er &#x017F;ah den Wech&#x017F;el der übermächtigen Empfin¬<lb/>
dungen auf dem Ge&#x017F;icht des Freundes. Der Kün&#x017F;tler<lb/>
hielt &#x017F;ich am Ti&#x017F;ch, das Haupt auf die Bru&#x017F;t gedrückt,<lb/>
die &#x017F;chwer arbeitete; die Lippen bewegten &#x017F;ich tonlos.<lb/>
Theodor ging zur Thür und rief: Caterina! Sie<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0229] mir, hinter mir, ja! fuhr er fort, und denkt davon, was Ihr mögt; nur laßt Alles bleiben, wie es war. Verſprecht mir's! Theodor ſtand in Schmerzen. Er dachte daran, daß er in wenig Tagen fern von hier das Alles auch anſehn würde, als läge es weit, weit hinter ihm. Aber er konnt' ihm das nicht geſtehen, wenn er nicht das Nächſte, was zu thun war, zerrütten wollte. Ich muß dennoch reden, ſagte er endlich. Hätt' ich geſtern geſchwiegen, da ich mit jenen leichtſinnigen Worten Eure Ruhe erſchütterte, ſo wäre Euch viel erſpart. Ihr hättet die Perle nicht von Euch ge¬ worfen, nach der ich Thor einen übermüthigen ſelbſt¬ vergeſſenen Augenblick lang die Hand ausſtreckte. Bianchi ſchwieg; die Glut ſtieg ihm auf, er ſuchte nach Worten. — Wenn ich ſie Euch nun wieder brächte und ſagte: Da habt ſie wieder; ich beneide Euch nicht, denn mein Herz hängt an einem andern Kleinod und es braucht kein Opfer, um uns Beide bei einander zu halten — würdet Ihr mir glauben, Carlo? Er ſah den Wechſel der übermächtigen Empfin¬ dungen auf dem Geſicht des Freundes. Der Künſtler hielt ſich am Tiſch, das Haupt auf die Bruſt gedrückt, die ſchwer arbeitete; die Lippen bewegten ſich tonlos. Theodor ging zur Thür und rief: Caterina! Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/229
Zitationshilfe: Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/229>, abgerufen am 27.11.2024.