Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.sind noch einige hundert Schritt und keine unmit¬ Hol's der Henker, schrie der Andere und riß an 14
ſind noch einige hundert Schritt und keine unmit¬ Hol's der Henker, ſchrie der Andere und riß an 14
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0221" n="209"/> ſind noch einige hundert Schritt und keine unmit¬<lb/> telbare Verbindung am Waſſer hin. Er wandte ſich<lb/> aber rechts die breitere Straße hinauf, als ihm ein<lb/> lautes Gezänk von den oberſten Stufen der Waſſer¬<lb/> treppe ans Ohr kam. Ein Ton klang dazwiſchen,<lb/> der ihn plötzlich im Gehen hemmte. Er näherte ſich<lb/> dem Menſchenhaufen, deſſen einzelne Geſtalten ſich<lb/> ihm nur langſam bei einer ſchlechten Straßenlaterne<lb/> entwirrten. Es handelte ſich um ein Mädchen, wie<lb/> es ſchien, das ein Schiffer beim Arm hielt und hinab¬<lb/> zuziehen bemüht war. Ein Anderer ſuchte Beide zu<lb/> trennen. Laßt ſie los, Pietro! rief er. Laßt ſie gehn!<lb/> Seit wann ladet Ihr Weiber, Ihr Seelenverkäufer,<lb/> der Ihr ſeid? Seht, ſie weint, armes Ding! ſie will<lb/> nicht in Euer Loch von Kajüte zurück; ſie wird ihre<lb/> Gründe haben! —</p><lb/> <p>Hol's der Henker, ſchrie der Andere und riß an<lb/> dem Mädchen herum, Gründe genug wird ſie haben.<lb/> Aber der ſie mir brachte und das Geld dran wandte<lb/> und ſagte: „Schaff ſie mir nach Oſtia und gieb ſie<lb/> dort in ſichre Hände, daß ſie nicht wieder zurückkann,“<lb/> der wird auch ſeine Gründe haben, und Gründe, die<lb/> er mit Quattrinen beweiſ't. Die Dirne! Sie wird<lb/> nicht gut gethan haben. Wäre ſie die liebe Unſchuld,<lb/> die ſie jetzt ſpielen will, warum konnte ſie nicht dar¬<lb/> auf pochen, wie der Mann ſie brachte? Aber was<lb/> denkt Ihr? Da war ſie ſtille ſtille; nur geweint und<lb/> <fw place="bottom" type="sig">14<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [209/0221]
ſind noch einige hundert Schritt und keine unmit¬
telbare Verbindung am Waſſer hin. Er wandte ſich
aber rechts die breitere Straße hinauf, als ihm ein
lautes Gezänk von den oberſten Stufen der Waſſer¬
treppe ans Ohr kam. Ein Ton klang dazwiſchen,
der ihn plötzlich im Gehen hemmte. Er näherte ſich
dem Menſchenhaufen, deſſen einzelne Geſtalten ſich
ihm nur langſam bei einer ſchlechten Straßenlaterne
entwirrten. Es handelte ſich um ein Mädchen, wie
es ſchien, das ein Schiffer beim Arm hielt und hinab¬
zuziehen bemüht war. Ein Anderer ſuchte Beide zu
trennen. Laßt ſie los, Pietro! rief er. Laßt ſie gehn!
Seit wann ladet Ihr Weiber, Ihr Seelenverkäufer,
der Ihr ſeid? Seht, ſie weint, armes Ding! ſie will
nicht in Euer Loch von Kajüte zurück; ſie wird ihre
Gründe haben! —
Hol's der Henker, ſchrie der Andere und riß an
dem Mädchen herum, Gründe genug wird ſie haben.
Aber der ſie mir brachte und das Geld dran wandte
und ſagte: „Schaff ſie mir nach Oſtia und gieb ſie
dort in ſichre Hände, daß ſie nicht wieder zurückkann,“
der wird auch ſeine Gründe haben, und Gründe, die
er mit Quattrinen beweiſ't. Die Dirne! Sie wird
nicht gut gethan haben. Wäre ſie die liebe Unſchuld,
die ſie jetzt ſpielen will, warum konnte ſie nicht dar¬
auf pochen, wie der Mann ſie brachte? Aber was
denkt Ihr? Da war ſie ſtille ſtille; nur geweint und
14
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |