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Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878.

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betrifft, so lehrt der Augenschein, daß sie durch Verringerung
des Eigenlichtes der Netzhaut zu Stande kommen. Dieses Eigen-
licht also, welches wir aus der Wirkung innerer Reize auf den
Sehnervenapparat herleiten müssen, unterliegt den Wirkungen
der Ermüdung ebenso wie der Eindruck des äußeren Lichtes."
Auf unsern Versuch übertragen, will dies sagen, daß die ganze
Netzhaut mit Ausnahme der Stelle, auf welcher das Bild des
schwarzen Streifens lag, ermüdet wurde, daß darum im Sehfelde
des geschlossenen Auges nur die unermüdete Netzhautstelle noch
das ungeschwächte Eigenlicht zeigt, während dasselbe auf der
ganzen übrigen Netzhaut sehr vermindert ist.

Dieser bis hierher allerdings ganz physiologischen Erklärung
widerspricht nun aber die unbefangene Anschauung insofern, als
uns das negative helle Nachbild viel heller erscheint, als sonst
unter normalen Verhältnissen das Eigenlicht der Gesammtnetz-
haut, auch wenn wir die Augen eine Viertel- bis ganze Minute
geschlossen und somit die Netzhaut gleich lange ruhen liessen,
als bei unserem Versuche den größten Theil derselben. Um nun
diese im Vergleich zur gewöhnlichen Helligkeit des Eigenlichtes
höchst auffallende und bisweilen förmlich leuchtende Helligkeit
des negativen Nachbildes zu erklären, greift man wieder zum
"falschen Urtheil". Der starke Contrast, so sagt man, zwischen
der Helligkeit des Nachbildes und der Dunkelheit des übrigen
Gesichtsfeldes, welche Dunkelheit jetzt infolge der Ermüdung viel
größer sei als gewöhnlich, lasse uns das Nachbild für viel heller
halten, als es wirklich ist. Man fügt wohl auch hinzu, daß diese
falsche Beurtheilung der Helligkeit des Nachbildes dadurch unter-
stützt werde, daß wir irrigerweise annehmen, das Gesichtsfeld sei
im Allgemeinen nicht dunkler, als es sonst bei geschlossenen
Augen ist, und daß wir in Folge dessen die Helligkeit des Nach-
bildes um ebensoviel überschätzen, als wir die Dunkelheit des
Grundes unterschätzen.

Es ist nun, wie ich aus vielfacher Erfahrung weiß, gegen-
über solchen Erklärungen ganz erfolglos, sich auf die unbefangene
Anschauung zu berufen, welche Jedem zeigt, daß das negative
Nachbild des schwarzen Streifens viel heller erscheint, als der
innere Lichtnebel selbst dann, wenn wir die Augen viel länger
als eine Minute geschlossen liessen. Denn mit Hilfe der "falschen

betrifft, so lehrt der Augenschein, daß sie durch Verringerung
des Eigenlichtes der Netzhaut zu Stande kommen. Dieses Eigen-
licht also, welches wir aus der Wirkung innerer Reize auf den
Sehnervenapparat herleiten müssen, unterliegt den Wirkungen
der Ermüdung ebenso wie der Eindruck des äußeren Lichtes.“
Auf unsern Versuch übertragen, will dies sagen, daß die ganze
Netzhaut mit Ausnahme der Stelle, auf welcher das Bild des
schwarzen Streifens lag, ermüdet wurde, daß darum im Sehfelde
des geschlossenen Auges nur die unermüdete Netzhautstelle noch
das ungeschwächte Eigenlicht zeigt, während dasselbe auf der
ganzen übrigen Netzhaut sehr vermindert ist.

Dieser bis hierher allerdings ganz physiologischen Erklärung
widerspricht nun aber die unbefangene Anschauung insofern, als
uns das negative helle Nachbild viel heller erscheint, als sonst
unter normalen Verhältnissen das Eigenlicht der Gesammtnetz-
haut, auch wenn wir die Augen eine Viertel- bis ganze Minute
geschlossen und somit die Netzhaut gleich lange ruhen liessen,
als bei unserem Versuche den größten Theil derselben. Um nun
diese im Vergleich zur gewöhnlichen Helligkeit des Eigenlichtes
höchst auffallende und bisweilen förmlich leuchtende Helligkeit
des negativen Nachbildes zu erklären, greift man wieder zum
„falschen Urtheil“. Der starke Contrast, so sagt man, zwischen
der Helligkeit des Nachbildes und der Dunkelheit des übrigen
Gesichtsfeldes, welche Dunkelheit jetzt infolge der Ermüdung viel
größer sei als gewöhnlich, lasse uns das Nachbild für viel heller
halten, als es wirklich ist. Man fügt wohl auch hinzu, daß diese
falsche Beurtheilung der Helligkeit des Nachbildes dadurch unter-
stützt werde, daß wir irrigerweise annehmen, das Gesichtsfeld sei
im Allgemeinen nicht dunkler, als es sonst bei geschlossenen
Augen ist, und daß wir in Folge dessen die Helligkeit des Nach-
bildes um ebensoviel überschätzen, als wir die Dunkelheit des
Grundes unterschätzen.

Es ist nun, wie ich aus vielfacher Erfahrung weiß, gegen-
über solchen Erklärungen ganz erfolglos, sich auf die unbefangene
Anschauung zu berufen, welche Jedem zeigt, daß das negative
Nachbild des schwarzen Streifens viel heller erscheint, als der
innere Lichtnebel selbst dann, wenn wir die Augen viel länger
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[13/0021] betrifft, so lehrt der Augenschein, daß sie durch Verringerung des Eigenlichtes der Netzhaut zu Stande kommen. Dieses Eigen- licht also, welches wir aus der Wirkung innerer Reize auf den Sehnervenapparat herleiten müssen, unterliegt den Wirkungen der Ermüdung ebenso wie der Eindruck des äußeren Lichtes.“ Auf unsern Versuch übertragen, will dies sagen, daß die ganze Netzhaut mit Ausnahme der Stelle, auf welcher das Bild des schwarzen Streifens lag, ermüdet wurde, daß darum im Sehfelde des geschlossenen Auges nur die unermüdete Netzhautstelle noch das ungeschwächte Eigenlicht zeigt, während dasselbe auf der ganzen übrigen Netzhaut sehr vermindert ist. Dieser bis hierher allerdings ganz physiologischen Erklärung widerspricht nun aber die unbefangene Anschauung insofern, als uns das negative helle Nachbild viel heller erscheint, als sonst unter normalen Verhältnissen das Eigenlicht der Gesammtnetz- haut, auch wenn wir die Augen eine Viertel- bis ganze Minute geschlossen und somit die Netzhaut gleich lange ruhen liessen, als bei unserem Versuche den größten Theil derselben. Um nun diese im Vergleich zur gewöhnlichen Helligkeit des Eigenlichtes höchst auffallende und bisweilen förmlich leuchtende Helligkeit des negativen Nachbildes zu erklären, greift man wieder zum „falschen Urtheil“. Der starke Contrast, so sagt man, zwischen der Helligkeit des Nachbildes und der Dunkelheit des übrigen Gesichtsfeldes, welche Dunkelheit jetzt infolge der Ermüdung viel größer sei als gewöhnlich, lasse uns das Nachbild für viel heller halten, als es wirklich ist. Man fügt wohl auch hinzu, daß diese falsche Beurtheilung der Helligkeit des Nachbildes dadurch unter- stützt werde, daß wir irrigerweise annehmen, das Gesichtsfeld sei im Allgemeinen nicht dunkler, als es sonst bei geschlossenen Augen ist, und daß wir in Folge dessen die Helligkeit des Nach- bildes um ebensoviel überschätzen, als wir die Dunkelheit des Grundes unterschätzen. Es ist nun, wie ich aus vielfacher Erfahrung weiß, gegen- über solchen Erklärungen ganz erfolglos, sich auf die unbefangene Anschauung zu berufen, welche Jedem zeigt, daß das negative Nachbild des schwarzen Streifens viel heller erscheint, als der innere Lichtnebel selbst dann, wenn wir die Augen viel länger als eine Minute geschlossen liessen. Denn mit Hilfe der „falschen

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Zitationshilfe: Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/21>, abgerufen am 22.11.2024.