natürliche Gottesgelahrtheit einladet. Er lieset als Philosoph, und Klopstock schrieb -- wie kann Er auch anders schreiben? -- als gefühlvoller Mensch, Christ und Dichter. Hätte der Kunstrichter dies nachdrucksvolle Er* bedacht: so würde er ihn haben erklä- ren können, nicht ankezzern dörfen.
Da ist mit einem mal der gräuliche Knote aufgelöset, der K. mit Schwärmern, mit Jrrgeistern, mit Enthusiasten, zusammenknü- pfen will. Die philosophische Art von Gott zu denken ist, aus einem menschlichen Sehe- punkt betrachtet, daß eine blos kalte meta- physische Denkart der ganzen Bestimmung des Menschen, der ganzen Natur seiner See- le, und der ganzen Beschäfftigung seines Lebens nicht angemessen seyn dörfte: und so fern hat er völlig Recht. -- Die zweite Denkart ist der Zustand christlicher Em- pfindungen, wie selbst der Rec. erkennet; und daß hier nichts schwärmerisches sey, wird mir jeder zugeben, der einige Erbauungsstücke
dieser
* Th. 6. p. 376. 377.
U 3
natuͤrliche Gottesgelahrtheit einladet. Er lieſet als Philoſoph, und Klopſtock ſchrieb — wie kann Er auch anders ſchreiben? — als gefuͤhlvoller Menſch, Chriſt und Dichter. Haͤtte der Kunſtrichter dies nachdrucksvolle Er* bedacht: ſo wuͤrde er ihn haben erklaͤ- ren koͤnnen, nicht ankezzern doͤrfen.
Da iſt mit einem mal der graͤuliche Knote aufgeloͤſet, der K. mit Schwaͤrmern, mit Jrrgeiſtern, mit Enthuſiaſten, zuſammenknuͤ- pfen will. Die philoſophiſche Art von Gott zu denken iſt, aus einem menſchlichen Sehe- punkt betrachtet, daß eine blos kalte meta- phyſiſche Denkart der ganzen Beſtimmung des Menſchen, der ganzen Natur ſeiner See- le, und der ganzen Beſchaͤfftigung ſeines Lebens nicht angemeſſen ſeyn doͤrfte: und ſo fern hat er voͤllig Recht. — Die zweite Denkart iſt der Zuſtand chriſtlicher Em- pfindungen, wie ſelbſt der Rec. erkennet; und daß hier nichts ſchwaͤrmeriſches ſey, wird mir jeder zugeben, der einige Erbauungsſtuͤcke
dieſer
* Th. 6. p. 376. 377.
U 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0317"n="309"/>
natuͤrliche Gottesgelahrtheit einladet. Er<lb/>
lieſet als Philoſoph, und Klopſtock ſchrieb —<lb/>
wie kann Er auch anders ſchreiben? — als<lb/><hirendition="#fr">gefuͤhlvoller Menſch, Chriſt</hi> und <hirendition="#fr">Dichter.</hi><lb/>
Haͤtte der Kunſtrichter dies nachdrucksvolle<lb/><hirendition="#fr">Er</hi><noteplace="foot"n="*">Th. 6. p. 376. 377.</note> bedacht: ſo wuͤrde er ihn haben erklaͤ-<lb/>
ren <hirendition="#fr">koͤnnen,</hi> nicht ankezzern <hirendition="#fr">doͤrfen.</hi></p><lb/><p>Da iſt mit einem mal der graͤuliche Knote<lb/>
aufgeloͤſet, der K. mit Schwaͤrmern, mit<lb/>
Jrrgeiſtern, mit Enthuſiaſten, zuſammenknuͤ-<lb/>
pfen will. Die philoſophiſche Art von Gott<lb/>
zu denken iſt, aus einem <hirendition="#fr">menſchlichen</hi> Sehe-<lb/>
punkt betrachtet, daß eine blos kalte meta-<lb/>
phyſiſche Denkart der <hirendition="#fr">ganzen Beſtimmung</hi><lb/>
des Menſchen, der <hirendition="#fr">ganzen</hi> Natur ſeiner See-<lb/>
le, und der ganzen <hirendition="#fr">Beſchaͤfftigung</hi>ſeines<lb/>
Lebens nicht angemeſſen ſeyn doͤrfte: und ſo<lb/>
fern hat er voͤllig Recht. — Die zweite<lb/><hirendition="#fr">Denkart</hi> iſt der Zuſtand <hirendition="#fr">chriſtlicher Em-<lb/>
pfindungen,</hi> wie ſelbſt der Rec. erkennet;<lb/>
und daß hier nichts ſchwaͤrmeriſches ſey, wird<lb/>
mir jeder zugeben, der einige Erbauungsſtuͤcke<lb/><fwplace="bottom"type="sig">U 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">dieſer</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[309/0317]
natuͤrliche Gottesgelahrtheit einladet. Er
lieſet als Philoſoph, und Klopſtock ſchrieb —
wie kann Er auch anders ſchreiben? — als
gefuͤhlvoller Menſch, Chriſt und Dichter.
Haͤtte der Kunſtrichter dies nachdrucksvolle
Er * bedacht: ſo wuͤrde er ihn haben erklaͤ-
ren koͤnnen, nicht ankezzern doͤrfen.
Da iſt mit einem mal der graͤuliche Knote
aufgeloͤſet, der K. mit Schwaͤrmern, mit
Jrrgeiſtern, mit Enthuſiaſten, zuſammenknuͤ-
pfen will. Die philoſophiſche Art von Gott
zu denken iſt, aus einem menſchlichen Sehe-
punkt betrachtet, daß eine blos kalte meta-
phyſiſche Denkart der ganzen Beſtimmung
des Menſchen, der ganzen Natur ſeiner See-
le, und der ganzen Beſchaͤfftigung ſeines
Lebens nicht angemeſſen ſeyn doͤrfte: und ſo
fern hat er voͤllig Recht. — Die zweite
Denkart iſt der Zuſtand chriſtlicher Em-
pfindungen, wie ſelbſt der Rec. erkennet;
und daß hier nichts ſchwaͤrmeriſches ſey, wird
mir jeder zugeben, der einige Erbauungsſtuͤcke
dieſer
* Th. 6. p. 376. 377.
U 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/317>, abgerufen am 05.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.