Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767."Gleiche Unbequemlichkeit entsteht für die "Wie steht es nun mit den heiligen Affek- "die * Diese Worte sind der schönen Abhandlung ganz
und gar unwürdig: ist das predigen, wenn man seine Materie mit einer Kette biblischer Spruchstellen umflicht, und sie so aufführt? Hier verkennt der Verf. die wahre Natur der geistlichen Beredsamkeit, und der menschlichen Seele. „Gleiche Unbequemlichkeit entſteht fuͤr die „Wie ſteht es nun mit den heiligen Affek- „die * Dieſe Worte ſind der ſchoͤnen Abhandlung ganz
und gar unwuͤrdig: iſt das predigen, wenn man ſeine Materie mit einer Kette bibliſcher Spruchſtellen umflicht, und ſie ſo auffuͤhrt? Hier verkennt der Verf. die wahre Natur der geiſtlichen Beredſamkeit, und der menſchlichen Seele. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0279" n="271"/> <p>„Gleiche Unbequemlichkeit entſteht fuͤr die<lb/> „Kanzel aus den <hi rendition="#fr">Beweiſen.</hi> Die Ausſpruͤ-<lb/> „che der heil. Schrift, ſo bald es klar iſt,<lb/> „worauf ſie gehen, ſchneiden alle Erfindungs-<lb/> „kunſt ab. Gott hat es befohlen: hier iſt<lb/> „der ganze Beweis <note place="foot" n="*">Dieſe Worte ſind der ſchoͤnen Abhandlung ganz<lb/> und gar unwuͤrdig: iſt das predigen, wenn<lb/> man ſeine Materie mit einer Kette bibliſcher<lb/> Spruchſtellen umflicht, und ſie ſo auffuͤhrt?<lb/> Hier verkennt der Verf. die wahre Natur der<lb/> geiſtlichen Beredſamkeit, und der menſchlichen<lb/> Seele.</note>. Nur ſelten zeigt ſich<lb/> „eine Schwierigkeit in der Anwendung auf<lb/> „einen beſondern Fall. Das freieſte Feld<lb/> „fuͤr den Kanzelredner verſchaft der Contraſt<lb/> „der Handlungen mit der Ueberzeugung von<lb/> „den Geſezzen; und zu dieſem Felde oͤffnet<lb/> „ihm das <hi rendition="#fr">Geſchehene</hi> die Schranken. Da-<lb/> „her ſind unſre beſten geiſtlichen Reden uͤber<lb/> „dergleichen Materien geſchrieben. <hi rendition="#fr">Bour-<lb/> „daloue, Maſſillon, Mosheim</hi> — man waͤh-<lb/> „le die beſten ihrer Reden, und man wird mir<lb/> „Recht geben.</p><lb/> <p>„Wie ſteht es nun mit den heiligen Affek-<lb/> „ten? Sie werden freilich eben ſo erregt, wie<lb/> <fw place="bottom" type="catch">„die</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [271/0279]
„Gleiche Unbequemlichkeit entſteht fuͤr die
„Kanzel aus den Beweiſen. Die Ausſpruͤ-
„che der heil. Schrift, ſo bald es klar iſt,
„worauf ſie gehen, ſchneiden alle Erfindungs-
„kunſt ab. Gott hat es befohlen: hier iſt
„der ganze Beweis *. Nur ſelten zeigt ſich
„eine Schwierigkeit in der Anwendung auf
„einen beſondern Fall. Das freieſte Feld
„fuͤr den Kanzelredner verſchaft der Contraſt
„der Handlungen mit der Ueberzeugung von
„den Geſezzen; und zu dieſem Felde oͤffnet
„ihm das Geſchehene die Schranken. Da-
„her ſind unſre beſten geiſtlichen Reden uͤber
„dergleichen Materien geſchrieben. Bour-
„daloue, Maſſillon, Mosheim — man waͤh-
„le die beſten ihrer Reden, und man wird mir
„Recht geben.
„Wie ſteht es nun mit den heiligen Affek-
„ten? Sie werden freilich eben ſo erregt, wie
„die
* Dieſe Worte ſind der ſchoͤnen Abhandlung ganz
und gar unwuͤrdig: iſt das predigen, wenn
man ſeine Materie mit einer Kette bibliſcher
Spruchſtellen umflicht, und ſie ſo auffuͤhrt?
Hier verkennt der Verf. die wahre Natur der
geiſtlichen Beredſamkeit, und der menſchlichen
Seele.
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Zitationshilfe: | Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/279>, abgerufen am 16.02.2025. |