Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.
Und Schutzgott wählen kann, der etwa über ein Theil der Natur, über Luft, Feuer, unter- irrdische Schätze, Wälder, Meere, Mond, Sonne etc. herrscht, oder der eine Kunst und Wissenschaft erfunden hat. Dieses Pantheon bedeutet ohnfehlbar das neue Akademiehaus, welches auf die Brandstäte des alten Stalles und der alten Mahler und Bildhauer Aka- demie gebauet, und mit Götterbildern gezie- ret ist. 11) Hier werden Sachen, die die Gelehrten noch
nicht gnug bestimmet haben, und vielleicht nie bestimmen werden, mit solchen zusammengesezt, die schon mehr bekannt sind, dergleichen die Zerstreuung der Sonnenstralen durch ein Prisma ist. Ein artiger Betrug! Alle diese Aufgaben haben eine Art von Wunderbarem an sich: doch so unmöglich sie dem ersten An- blick nach scheinen, so wissen wir doch, daß die gelehrte Welt sich schon an alle gewagt hat.
Und Schutzgott waͤhlen kann, der etwa uͤber ein Theil der Natur, uͤber Luft, Feuer, unter- irrdiſche Schaͤtze, Waͤlder, Meere, Mond, Sonne ꝛc. herrſcht, oder der eine Kunſt und Wiſſenſchaft erfunden hat. Dieſes Pantheon bedeutet ohnfehlbar das neue Akademiehaus, welches auf die Brandſtaͤte des alten Stalles und der alten Mahler und Bildhauer Aka- demie gebauet, und mit Goͤtterbildern gezie- ret iſt. 11) Hier werden Sachen, die die Gelehrten noch
nicht gnug beſtimmet haben, und vielleicht nie beſtimmen werden, mit ſolchen zuſammengeſezt, die ſchon mehr bekannt ſind, dergleichen die Zerſtreuung der Sonnenſtralen durch ein Prisma iſt. Ein artiger Betrug! Alle dieſe Aufgaben haben eine Art von Wunderbarem an ſich: doch ſo unmoͤglich ſie dem erſten An- blick nach ſcheinen, ſo wiſſen wir doch, daß die gelehrte Welt ſich ſchon an alle gewagt hat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <cit> <quote> <lg type="poem"> <pb facs="#f0188" n="180"/> <l>Sagt Sterbliche! den Sphaͤren ihre</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Zahlen</hi> </l><lb/> <l>Und lehrt dem tollen Winde ſeinen Lauf,</l><lb/> <l>Und waͤgt den Mond und ſpaltet Sonnen-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſtralen <note place="foot" n="11)">Hier werden Sachen, die die Gelehrten noch<lb/> nicht gnug beſtimmet haben, und vielleicht nie<lb/> beſtimmen werden, mit ſolchen zuſammengeſezt,<lb/> die ſchon mehr bekannt ſind, dergleichen die<lb/> Zerſtreuung der Sonnenſtralen durch ein<lb/> Prisma iſt. Ein artiger Betrug! Alle dieſe<lb/> Aufgaben haben eine Art von Wunderbarem<lb/> an ſich: doch ſo unmoͤglich ſie dem erſten An-<lb/> blick nach ſcheinen, ſo wiſſen wir doch, daß<lb/> die gelehrte Welt ſich ſchon an alle gewagt hat.</note>,</hi> </l><lb/> <l>Deckt die Geburt des alten Goldes auf</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/> <l> <note xml:id="seg2pn_5_2" prev="#seg2pn_5_1" place="foot" n="10)">Schutzgott waͤhlen kann, der etwa uͤber ein<lb/> Theil der Natur, uͤber Luft, Feuer, unter-<lb/> irrdiſche Schaͤtze, Waͤlder, Meere, Mond,<lb/> Sonne ꝛc. herrſcht, oder der eine Kunſt und<lb/> Wiſſenſchaft erfunden hat. Dieſes Pantheon<lb/> bedeutet ohnfehlbar das neue Akademiehaus,<lb/> welches auf die Brandſtaͤte des alten Stalles<lb/> und der alten Mahler und Bildhauer Aka-<lb/> demie gebauet, und mit Goͤtterbildern gezie-<lb/> ret iſt.</note> </l><lb/> </lg> </quote> </cit> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [180/0188]
Sagt Sterbliche! den Sphaͤren ihre
Zahlen
Und lehrt dem tollen Winde ſeinen Lauf,
Und waͤgt den Mond und ſpaltet Sonnen-
ſtralen 11),
Deckt die Geburt des alten Goldes auf
Und
10)
11) Hier werden Sachen, die die Gelehrten noch
nicht gnug beſtimmet haben, und vielleicht nie
beſtimmen werden, mit ſolchen zuſammengeſezt,
die ſchon mehr bekannt ſind, dergleichen die
Zerſtreuung der Sonnenſtralen durch ein
Prisma iſt. Ein artiger Betrug! Alle dieſe
Aufgaben haben eine Art von Wunderbarem
an ſich: doch ſo unmoͤglich ſie dem erſten An-
blick nach ſcheinen, ſo wiſſen wir doch, daß
die gelehrte Welt ſich ſchon an alle gewagt hat.
10) Schutzgott waͤhlen kann, der etwa uͤber ein
Theil der Natur, uͤber Luft, Feuer, unter-
irrdiſche Schaͤtze, Waͤlder, Meere, Mond,
Sonne ꝛc. herrſcht, oder der eine Kunſt und
Wiſſenſchaft erfunden hat. Dieſes Pantheon
bedeutet ohnfehlbar das neue Akademiehaus,
welches auf die Brandſtaͤte des alten Stalles
und der alten Mahler und Bildhauer Aka-
demie gebauet, und mit Goͤtterbildern gezie-
ret iſt.
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Zitationshilfe: | Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/188>, abgerufen am 18.07.2024. |