bohrnen Gehorsamstrieb sezzet, um es zu be- stimmen, was gut ist: -- ich sage, wenn die- ser Weg die philosophische Methode wird: so sind wir wieder in dem Labyrinth unerklär- licher Worte, wo der Gedanke am Ausdruck haftet, aus welchem uns Baco, Locke und Leibnitz haben erretten wollen.
2. Man kann zu einem Begriffe kommen, wörtlich, wenn der Name genetisch und aus dem Wesen der Sache hergenommen ist. So sind aber blos Worterklärungen, wo ich will- kührlich zusammengesezzte Gedanken gemei- niglich auch durch einen Ausdruck gleichsam darstelle. Dies ist noch nicht die eigentlich philosophische Methode, zu Begriffen zu ge- langen: denn es sind wenige Namen in der Philosophie, die ihren Begriffen zu gut erfun- den sind, weil bei dieser Art der Verbindung zwischen Gedanke und Wort beide unter der Gewalt ihres Erfinders stehen müssen, der sie beide schuf und paarte. So sind nicht die Worte des gemeinen Lebens; denn die Erfin- der der Sprache waren selten Philosophen, sondern meistens die eigentlichen Kunstwör- ter, die daher offenbar als Zwecke nichts gel-
ten;
bohrnen Gehorſamstrieb ſezzet, um es zu be- ſtimmen, was gut iſt: — ich ſage, wenn die- ſer Weg die philoſophiſche Methode wird: ſo ſind wir wieder in dem Labyrinth unerklaͤr- licher Worte, wo der Gedanke am Ausdruck haftet, aus welchem uns Baco, Locke und Leibnitz haben erretten wollen.
2. Man kann zu einem Begriffe kommen, woͤrtlich, wenn der Name genetiſch und aus dem Weſen der Sache hergenommen iſt. So ſind aber blos Worterklaͤrungen, wo ich will- kuͤhrlich zuſammengeſezzte Gedanken gemei- niglich auch durch einen Ausdruck gleichſam darſtelle. Dies iſt noch nicht die eigentlich philoſophiſche Methode, zu Begriffen zu ge- langen: denn es ſind wenige Namen in der Philoſophie, die ihren Begriffen zu gut erfun- den ſind, weil bei dieſer Art der Verbindung zwiſchen Gedanke und Wort beide unter der Gewalt ihres Erfinders ſtehen muͤſſen, der ſie beide ſchuf und paarte. So ſind nicht die Worte des gemeinen Lebens; denn die Erfin- der der Sprache waren ſelten Philoſophen, ſondern meiſtens die eigentlichen Kunſtwoͤr- ter, die daher offenbar als Zwecke nichts gel-
ten;
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0112"n="104"/>
bohrnen Gehorſamstrieb ſezzet, um es zu be-<lb/>ſtimmen, was <hirendition="#fr">gut</hi> iſt: — ich ſage, wenn die-<lb/>ſer Weg die philoſophiſche Methode wird: ſo<lb/>ſind wir wieder in dem Labyrinth unerklaͤr-<lb/>
licher <hirendition="#fr">Worte,</hi> wo der Gedanke am Ausdruck<lb/>
haftet, aus welchem uns <hirendition="#fr">Baco, Locke</hi> und<lb/><hirendition="#fr">Leibnitz</hi> haben erretten wollen.</p><lb/><p>2. Man kann zu einem Begriffe kommen,<lb/><hirendition="#fr">woͤrtlich,</hi> wenn der Name <hirendition="#fr">genetiſch</hi> und aus<lb/>
dem Weſen der Sache hergenommen iſt. So<lb/>ſind aber blos Worterklaͤrungen, wo ich <hirendition="#fr">will-<lb/>
kuͤhrlich</hi> zuſammengeſezzte Gedanken gemei-<lb/>
niglich auch durch einen Ausdruck gleichſam<lb/>
darſtelle. Dies iſt noch nicht die eigentlich<lb/>
philoſophiſche Methode, zu Begriffen zu ge-<lb/>
langen: denn es ſind wenige Namen in der<lb/>
Philoſophie, die ihren Begriffen zu gut erfun-<lb/>
den ſind, weil bei dieſer Art der Verbindung<lb/>
zwiſchen Gedanke und Wort beide unter der<lb/>
Gewalt ihres Erfinders ſtehen muͤſſen, der ſie<lb/>
beide ſchuf und paarte. So ſind nicht die<lb/>
Worte des gemeinen Lebens; denn die Erfin-<lb/>
der der Sprache waren ſelten Philoſophen,<lb/>ſondern meiſtens die eigentlichen <hirendition="#fr">Kunſtwoͤr-<lb/>
ter,</hi> die daher offenbar als <hirendition="#fr">Zwecke</hi> nichts gel-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ten;</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[104/0112]
bohrnen Gehorſamstrieb ſezzet, um es zu be-
ſtimmen, was gut iſt: — ich ſage, wenn die-
ſer Weg die philoſophiſche Methode wird: ſo
ſind wir wieder in dem Labyrinth unerklaͤr-
licher Worte, wo der Gedanke am Ausdruck
haftet, aus welchem uns Baco, Locke und
Leibnitz haben erretten wollen.
2. Man kann zu einem Begriffe kommen,
woͤrtlich, wenn der Name genetiſch und aus
dem Weſen der Sache hergenommen iſt. So
ſind aber blos Worterklaͤrungen, wo ich will-
kuͤhrlich zuſammengeſezzte Gedanken gemei-
niglich auch durch einen Ausdruck gleichſam
darſtelle. Dies iſt noch nicht die eigentlich
philoſophiſche Methode, zu Begriffen zu ge-
langen: denn es ſind wenige Namen in der
Philoſophie, die ihren Begriffen zu gut erfun-
den ſind, weil bei dieſer Art der Verbindung
zwiſchen Gedanke und Wort beide unter der
Gewalt ihres Erfinders ſtehen muͤſſen, der ſie
beide ſchuf und paarte. So ſind nicht die
Worte des gemeinen Lebens; denn die Erfin-
der der Sprache waren ſelten Philoſophen,
ſondern meiſtens die eigentlichen Kunſtwoͤr-
ter, die daher offenbar als Zwecke nichts gel-
ten;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/112>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.