Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

viele Deutsche Journäle, die die Modekrankheit
unsrer Zeit sind, in diesen Aussichten zu betrach-
ten, und wie du es für gut findest, in der
Stille zu ordnen. Jn der Stille! denn alle
unsre Kritici sind Richter; jedes Journal
reimt sich mit Tribunal: hierinn ist die Deut-
sche Litteratur ihrem Vaterlande ähnlich;
viele Fürsten und kein gebietender Oberherr!
Man muß also noch so lange in der Stille ur-
theilen, bis man die Kunstrichter auch als
Schriftsteller ansehen lernt. -- -- Jch re-
de von den Litteraturbriefen, und thue mir
darauf zu gut, daß ich von ihnen als von
Mustern meistens reden kann!



"Beinahe ein Gemälde der Deutschen Lit-
"teratur in den lezten fünf Jahren!" * Bei-
nahe! nur was lohnt es mir omissa anzu-
bringen. Hätten sich die Berfasser weniger
durch Streitigkeiten hinreißen lassen; hätten
sie es nicht öfters vergessen, daß sie mit dem
Publikum sprächen: so wäre dies Gemälde

voll-
* s. Schluß der Litt. Br.

viele Deutſche Journaͤle, die die Modekrankheit
unſrer Zeit ſind, in dieſen Ausſichten zu betrach-
ten, und wie du es fuͤr gut findeſt, in der
Stille zu ordnen. Jn der Stille! denn alle
unſre Kritici ſind Richter; jedes Journal
reimt ſich mit Tribunal: hierinn iſt die Deut-
ſche Litteratur ihrem Vaterlande aͤhnlich;
viele Fuͤrſten und kein gebietender Oberherr!
Man muß alſo noch ſo lange in der Stille ur-
theilen, bis man die Kunſtrichter auch als
Schriftſteller anſehen lernt. — — Jch re-
de von den Litteraturbriefen, und thue mir
darauf zu gut, daß ich von ihnen als von
Muſtern meiſtens reden kann!



„Beinahe ein Gemaͤlde der Deutſchen Lit-
„teratur in den lezten fuͤnf Jahren!„ * Bei-
nahe! nur was lohnt es mir omiſſa anzu-
bringen. Haͤtten ſich die Berfaſſer weniger
durch Streitigkeiten hinreißen laſſen; haͤtten
ſie es nicht oͤfters vergeſſen, daß ſie mit dem
Publikum ſpraͤchen: ſo waͤre dies Gemaͤlde

voll-
* ſ. Schluß der Litt. Br.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0024" n="192"/>
viele Deut&#x017F;che Journa&#x0364;le, die die Modekrankheit<lb/>
un&#x017F;rer Zeit &#x017F;ind, in die&#x017F;en Aus&#x017F;ichten zu betrach-<lb/>
ten, und wie du es fu&#x0364;r gut finde&#x017F;t, in der<lb/>
Stille zu ordnen. Jn der Stille! denn alle<lb/>
un&#x017F;re Kritici &#x017F;ind Richter; jedes Journal<lb/>
reimt &#x017F;ich mit Tribunal: hierinn i&#x017F;t die Deut-<lb/>
&#x017F;che Litteratur ihrem Vaterlande a&#x0364;hnlich;<lb/>
viele Fu&#x0364;r&#x017F;ten und kein gebietender Oberherr!<lb/>
Man muß al&#x017F;o noch &#x017F;o lange in der Stille ur-<lb/>
theilen, bis man die Kun&#x017F;trichter auch als<lb/>
Schrift&#x017F;teller an&#x017F;ehen lernt. &#x2014; &#x2014; Jch re-<lb/>
de von den Litteraturbriefen, und thue mir<lb/>
darauf zu gut, daß ich von ihnen als von<lb/>
Mu&#x017F;tern mei&#x017F;tens reden kann!</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>&#x201E;Beinahe ein Gema&#x0364;lde der Deut&#x017F;chen Lit-<lb/>
&#x201E;teratur in den lezten fu&#x0364;nf Jahren!&#x201E; <note place="foot" n="*">&#x017F;. Schluß der Litt. Br.</note> Bei-<lb/>
nahe! nur was lohnt es mir <hi rendition="#aq">omi&#x017F;&#x017F;a</hi> anzu-<lb/>
bringen. Ha&#x0364;tten &#x017F;ich die Berfa&#x017F;&#x017F;er weniger<lb/>
durch Streitigkeiten hinreißen la&#x017F;&#x017F;en; ha&#x0364;tten<lb/>
&#x017F;ie es nicht o&#x0364;fters verge&#x017F;&#x017F;en, daß &#x017F;ie mit dem<lb/>
Publikum &#x017F;pra&#x0364;chen: &#x017F;o wa&#x0364;re dies Gema&#x0364;lde<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">voll-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0024] viele Deutſche Journaͤle, die die Modekrankheit unſrer Zeit ſind, in dieſen Ausſichten zu betrach- ten, und wie du es fuͤr gut findeſt, in der Stille zu ordnen. Jn der Stille! denn alle unſre Kritici ſind Richter; jedes Journal reimt ſich mit Tribunal: hierinn iſt die Deut- ſche Litteratur ihrem Vaterlande aͤhnlich; viele Fuͤrſten und kein gebietender Oberherr! Man muß alſo noch ſo lange in der Stille ur- theilen, bis man die Kunſtrichter auch als Schriftſteller anſehen lernt. — — Jch re- de von den Litteraturbriefen, und thue mir darauf zu gut, daß ich von ihnen als von Muſtern meiſtens reden kann! „Beinahe ein Gemaͤlde der Deutſchen Lit- „teratur in den lezten fuͤnf Jahren!„ * Bei- nahe! nur was lohnt es mir omiſſa anzu- bringen. Haͤtten ſich die Berfaſſer weniger durch Streitigkeiten hinreißen laſſen; haͤtten ſie es nicht oͤfters vergeſſen, daß ſie mit dem Publikum ſpraͤchen: ſo waͤre dies Gemaͤlde voll- * ſ. Schluß der Litt. Br.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/24
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/24>, abgerufen am 18.12.2024.