chen durch Gesezze und Gottesdienst, weihte die Trunkenheit in seine Eleusinischen Heilig- thümer ein, um sie zu bezähmen, daher er auch ihr Opfer wurde. Musäus und sein Sohn Eumolpus sangen ebenfalls den Bac- chus -- Kurz die ältesten Namen der Dich- ter, die beynahe selbst Fabeln sind, alle ha- ben sich mit Bacchus beschäftigt.
Wozu sage ich alles dieses? Um zu zeigen, daß der Dithyrambe aus den Zeiten der Wildheit und Trunkenheit seinen Ur- sprung und Leben ziehe, daß wir also von ihm auch nach Beschaffenheit dieses Zeit- alters urtheilen müssen. Entsprungen unter berauschten Tänzen des Volks führte man ihn in die Tempel, um ihn zu zähmen. Sein Jnhalt, seine Sprache, Sylbenmaas, Bearbeitung, Musik, Deklamation, alles zeigt von der Zeit, die ihn hervorge- bracht hat: er mag nun in Thebe, oder dem wollüstigen Korinth von einem oder dem andern erfunden seyn: gnug, es war noch eine Zeit, da sich die Delphine von dem Arion, dem angegebenen * Erfinder, bezaubern lies-
sen.
* Wie Herodot anführt, den ich für mehr, als Fabelschreiber halte.
chen durch Geſezze und Gottesdienſt, weihte die Trunkenheit in ſeine Eleuſiniſchen Heilig- thuͤmer ein, um ſie zu bezaͤhmen, daher er auch ihr Opfer wurde. Muſaͤus und ſein Sohn Eumolpus ſangen ebenfalls den Bac- chus — Kurz die aͤlteſten Namen der Dich- ter, die beynahe ſelbſt Fabeln ſind, alle ha- ben ſich mit Bacchus beſchaͤftigt.
Wozu ſage ich alles dieſes? Um zu zeigen, daß der Dithyrambe aus den Zeiten der Wildheit und Trunkenheit ſeinen Ur- ſprung und Leben ziehe, daß wir alſo von ihm auch nach Beſchaffenheit dieſes Zeit- alters urtheilen muͤſſen. Entſprungen unter berauſchten Taͤnzen des Volks fuͤhrte man ihn in die Tempel, um ihn zu zaͤhmen. Sein Jnhalt, ſeine Sprache, Sylbenmaas, Bearbeitung, Muſik, Deklamation, alles zeigt von der Zeit, die ihn hervorge- bracht hat: er mag nun in Thebe, oder dem wolluͤſtigen Korinth von einem oder dem andern erfunden ſeyn: gnug, es war noch eine Zeit, da ſich die Delphine von dem Arion, dem angegebenen * Erfinder, bezaubern lieſ-
ſen.
* Wie Herodot anfuͤhrt, den ich fuͤr mehr, als Fabelſchreiber halte.
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chen durch Geſezze und Gottesdienſt, weihte die
Trunkenheit in ſeine Eleuſiniſchen Heilig-
thuͤmer ein, um ſie zu bezaͤhmen, daher er
auch ihr Opfer wurde. Muſaͤus und ſein
Sohn Eumolpus ſangen ebenfalls den Bac-
chus — Kurz die aͤlteſten Namen der Dich-
ter, die beynahe ſelbſt Fabeln ſind, alle ha-
ben ſich mit Bacchus beſchaͤftigt.
Wozu ſage ich alles dieſes? Um zu zeigen,
daß der Dithyrambe aus den Zeiten der
Wildheit und Trunkenheit ſeinen Ur-
ſprung und Leben ziehe, daß wir alſo von
ihm auch nach Beſchaffenheit dieſes Zeit-
alters urtheilen muͤſſen. Entſprungen unter
berauſchten Taͤnzen des Volks fuͤhrte man ihn
in die Tempel, um ihn zu zaͤhmen. Sein
Jnhalt, ſeine Sprache, Sylbenmaas,
Bearbeitung, Muſik, Deklamation,
alles zeigt von der Zeit, die ihn hervorge-
bracht hat: er mag nun in Thebe, oder
dem wolluͤſtigen Korinth von einem oder dem
andern erfunden ſeyn: gnug, es war noch
eine Zeit, da ſich die Delphine von dem Arion,
dem angegebenen * Erfinder, bezaubern lieſ-
ſen.
* Wie Herodot anfuͤhrt, den ich fuͤr mehr, als
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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/137>, abgerufen am 15.08.2024.
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