Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.Die Nordlichen Völker verschlingen die Aspi- "Das Deutsche hat aber so bisarre Construk- daß statt Hahn schreiben. Schade für unsre Spra- che, wenn man zwei Menschenalter nach uns so spricht, als diese Sprachverderber schreiben. * Litt. Br. Th. 16. p. 20. 21.
Die Nordlichen Voͤlker verſchlingen die Aſpi- „Das Deutſche hat aber ſo biſarre Conſtruk- daß ſtatt Hahn ſchreiben. Schade fuͤr unſre Spra- che, wenn man zwei Menſchenalter nach uns ſo ſpricht, als dieſe Sprachverderber ſchreiben. * Litt. Br. Th. 16. p. 20. 21.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0097" n="93"/> Die Nordlichen Voͤlker verſchlingen die Aſpi-<lb/> ration der Kehle durch den ſtarken Gebrauch<lb/> der Zunge, Lippen und des Gaumens, und da<lb/> ſie die Lateiniſchen Laͤnder uͤberſchwemmten:<lb/> ſo fanden ſie das H unausſprechlich. Es<lb/> verlor ſich alſo aus der Jtaliaͤniſchen und<lb/> meiſtens auch aus der Franzoͤſiſchen Sprache.<lb/> Unſrer Deutſchen Sprache, als einer Origi-<lb/> nalmundart blieb es, und mildert alſo recht<lb/> ſehr ihre Barbarey der Conſonanten.</p><lb/> <p>„Das Deutſche hat aber ſo biſarre Conſtruk-<lb/> „tionen, daß die Metaphyſiſche Ordnung der<lb/> „Worte ohne Noth geſtoͤrt wird, und der<lb/> „Schriftſteller doch keine Freiheit mehr hat. <note place="foot" n="*">Litt. Br. Th. 16. p. 20. 21.</note><lb/> „Zum Exempel! die Metaphyſiſche Ordnung<lb/> „der Worte wird geſtoͤrt: denn wie laͤcher-<lb/> „lich klingts: <hi rendition="#aq">Hier au ſoir vint le Comte<lb/> „ici par;</hi> und doch ſagen die Deutſchen:<lb/> „Geſtern Abend kam der Graf hier an!„ —<lb/> Wer von den Deutſchen iſt von dieſem Exem-<lb/> pel nicht ſo getroffen, als von einem Blitze,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_1_2" prev="#seg2pn_1_1" place="foot" n="*">ſtatt <hi rendition="#fr">Hahn</hi> ſchreiben. Schade fuͤr unſre Spra-<lb/> che, wenn man zwei Menſchenalter nach uns<lb/> ſo ſpricht, als dieſe Sprachverderber ſchreiben.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0097]
Die Nordlichen Voͤlker verſchlingen die Aſpi-
ration der Kehle durch den ſtarken Gebrauch
der Zunge, Lippen und des Gaumens, und da
ſie die Lateiniſchen Laͤnder uͤberſchwemmten:
ſo fanden ſie das H unausſprechlich. Es
verlor ſich alſo aus der Jtaliaͤniſchen und
meiſtens auch aus der Franzoͤſiſchen Sprache.
Unſrer Deutſchen Sprache, als einer Origi-
nalmundart blieb es, und mildert alſo recht
ſehr ihre Barbarey der Conſonanten.
„Das Deutſche hat aber ſo biſarre Conſtruk-
„tionen, daß die Metaphyſiſche Ordnung der
„Worte ohne Noth geſtoͤrt wird, und der
„Schriftſteller doch keine Freiheit mehr hat. *
„Zum Exempel! die Metaphyſiſche Ordnung
„der Worte wird geſtoͤrt: denn wie laͤcher-
„lich klingts: Hier au ſoir vint le Comte
„ici par; und doch ſagen die Deutſchen:
„Geſtern Abend kam der Graf hier an!„ —
Wer von den Deutſchen iſt von dieſem Exem-
pel nicht ſo getroffen, als von einem Blitze,
daß
*
* Litt. Br. Th. 16. p. 20. 21.
* ſtatt Hahn ſchreiben. Schade fuͤr unſre Spra-
che, wenn man zwei Menſchenalter nach uns
ſo ſpricht, als dieſe Sprachverderber ſchreiben.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |