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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.

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"Wirkungen des Wohlklanges und des Poe-
"tischen Ausdrucks zu versichern. Sie
"wünschten sich unter einander Glück, daß
"eben dieselben Genien, die den Muth ge-
"habt, die erhabensten Wahrheiten der irr-
"dischen Wissenschaft zum Gegenstande ihres
"Gesanges zu nehmen, und sich in die Olym-
"pischen Sphären, den Wohnplaz höherer
"Naturen, zu schwingen; uns auch den wah-
"ren heroischen Vers, den Hexameter der
"Griechen und Römer, in aller seiner Ver-
"schiedenheit und schönsten Harmonie hervor-
"gebracht haben." * Ein Gedicht in He-
xametern folgte auf das andere. Noah und
Jacob und Joseph und Rahel und Abraham
und Telemach und Sündfluthen und Frag-
mente, und Hymnen, und Briefe, lebendige
und todte -- keinem Menschen kam es ein,
ihn gegen den Hexameter der Alten recht zu
prüfen -- bis es der that, der vielleicht selbst
die härtesten unter allen geschrieben hatte:
Oest, der Verfasser des Siechbettes.

Hier
* Th. 10. p. 355.
H

„Wirkungen des Wohlklanges und des Poe-
„tiſchen Ausdrucks zu verſichern. Sie
„wuͤnſchten ſich unter einander Gluͤck, daß
„eben dieſelben Genien, die den Muth ge-
„habt, die erhabenſten Wahrheiten der irr-
„diſchen Wiſſenſchaft zum Gegenſtande ihres
„Geſanges zu nehmen, und ſich in die Olym-
„piſchen Sphaͤren, den Wohnplaz hoͤherer
„Naturen, zu ſchwingen; uns auch den wah-
„ren heroiſchen Vers, den Hexameter der
„Griechen und Roͤmer, in aller ſeiner Ver-
„ſchiedenheit und ſchoͤnſten Harmonie hervor-
„gebracht haben.„ * Ein Gedicht in He-
xametern folgte auf das andere. Noah und
Jacob und Joſeph und Rahel und Abraham
und Telemach und Suͤndfluthen und Frag-
mente, und Hymnen, und Briefe, lebendige
und todte — keinem Menſchen kam es ein,
ihn gegen den Hexameter der Alten recht zu
pruͤfen — bis es der that, der vielleicht ſelbſt
die haͤrteſten unter allen geſchrieben hatte:
Oeſt, der Verfaſſer des Siechbettes.

Hier
* Th. 10. p. 355.
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[113/0117] „Wirkungen des Wohlklanges und des Poe- „tiſchen Ausdrucks zu verſichern. Sie „wuͤnſchten ſich unter einander Gluͤck, daß „eben dieſelben Genien, die den Muth ge- „habt, die erhabenſten Wahrheiten der irr- „diſchen Wiſſenſchaft zum Gegenſtande ihres „Geſanges zu nehmen, und ſich in die Olym- „piſchen Sphaͤren, den Wohnplaz hoͤherer „Naturen, zu ſchwingen; uns auch den wah- „ren heroiſchen Vers, den Hexameter der „Griechen und Roͤmer, in aller ſeiner Ver- „ſchiedenheit und ſchoͤnſten Harmonie hervor- „gebracht haben.„ * Ein Gedicht in He- xametern folgte auf das andere. Noah und Jacob und Joſeph und Rahel und Abraham und Telemach und Suͤndfluthen und Frag- mente, und Hymnen, und Briefe, lebendige und todte — keinem Menſchen kam es ein, ihn gegen den Hexameter der Alten recht zu pruͤfen — bis es der that, der vielleicht ſelbſt die haͤrteſten unter allen geſchrieben hatte: Oeſt, der Verfaſſer des Siechbettes. Hier * Th. 10. p. 355. H

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/117>, abgerufen am 24.11.2024.