[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769.Erstes Wäldchen. ein betrogner Redlicher -- -- o Neoptolem, duwillst ihn verlassen! o daß ihn Philoktet anflehete! Er thuts, und so dringend: er bestürmt sein Herz von so vielen Seiten, daß die Fürbitte des Chors: erbarme dich seiner! auch unsre Einsprache wird. Wir ärgern uns über Neoptolem, daß ihm der Ekel seiner Krankheit noch Einwendung macht, und lie- ben ihn, da er -- -- es ihm verspricht; Er wird ihm doch nicht betriegen! siehe! wie er ihm flehte, wie er ihm danket, wie er ihn noch zu guter Letzt in seine Höle ladet und -- Nun a) kommt der verkleidete Kaufmann. Er jetzt a) Aufz. 2. Auftr. 2. b) Auftr. 3.
Erſtes Waͤldchen. ein betrogner Redlicher — — o Neoptolem, duwillſt ihn verlaſſen! o daß ihn Philoktet anflehete! Er thuts, und ſo dringend: er beſtuͤrmt ſein Herz von ſo vielen Seiten, daß die Fuͤrbitte des Chors: erbarme dich ſeiner! auch unſre Einſprache wird. Wir aͤrgern uns uͤber Neoptolem, daß ihm der Ekel ſeiner Krankheit noch Einwendung macht, und lie- ben ihn, da er — — es ihm verſpricht; Er wird ihm doch nicht betriegen! ſiehe! wie er ihm flehte, wie er ihm danket, wie er ihn noch zu guter Letzt in ſeine Hoͤle ladet und — Nun a) kommt der verkleidete Kaufmann. Er jetzt a) Aufz. 2. Auftr. 2. b) Auftr. 3.
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Erſtes Waͤldchen.
ein betrogner Redlicher — — o Neoptolem, du
willſt ihn verlaſſen! o daß ihn Philoktet anflehete!
Er thuts, und ſo dringend: er beſtuͤrmt ſein Herz
von ſo vielen Seiten, daß die Fuͤrbitte des Chors:
erbarme dich ſeiner! auch unſre Einſprache wird.
Wir aͤrgern uns uͤber Neoptolem, daß ihm der Ekel
ſeiner Krankheit noch Einwendung macht, und lie-
ben ihn, da er — — es ihm verſpricht; Er wird
ihm doch nicht betriegen! ſiehe! wie er ihm flehte,
wie er ihm danket, wie er ihn noch zu guter Letzt in
ſeine Hoͤle ladet und —
Nun a) kommt der verkleidete Kaufmann. Er
hoͤrt: „er ſoll nach Troja, Ulyſſes habe dieß dem
„Heere oͤffentlich verſprochen„ und — den Kauf-
mann haͤlt er kaum ſeiner Antwort werth. Eine
einzige heroiſche Verwunderung: „Goͤtter! dieſer
„Elende, dieſer Treuloſe hat ſchwoͤren doͤrfen, mich
„ins Lager zu bringen?„ verraͤth die ganze Helden-
ſeele Philoktets: dieſe redet fort b): dieſe will zu Schif-
fe: dieſe redliche Seele glaubt dem Neoptolem, ver-
traut ihm ſeine Waffen, vertraut ſich ihm in ſeiner
Krankheit. Wie fuͤhle ich fuͤr Philoktet! aber fuͤr
ihn den Schreienden? Noch nichts! fuͤr ihn, den
Helden, den Griechen, den Edlen — und denn den
im hoͤchſten Grade Elenden, und elender noch da-
durch, was man mit ihm vor hat. Noch fuͤhlen
wir blos mit ſeiner Seele durch die Phantaſie, und
jetzt
a) Aufz. 2. Auftr. 2.
b) Auftr. 3.
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