[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769.Kritische Wälder. Jch kenne kein poetisches Volk der Erde, wel- Schilrick a) scheidet von seiner geliebten Vin- ne a) Fragmente der alten Hochschottl. Dichtk. p. 1.
Kritiſche Waͤlder. Jch kenne kein poetiſches Volk der Erde, wel- Schilrick a) ſcheidet von ſeiner geliebten Vin- ne a) Fragmente der alten Hochſchottl. Dichtk. p. 1.
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Kritiſche Waͤlder.
Jch kenne kein poetiſches Volk der Erde, wel-
ches große und ſanfte Empfindungen, ſo ſehr in Eine
Geſinnung verbunden, und in Einer Seele den
Heroismus des Helden- und Menſchengefuͤhls ſo
ganz gehabt haͤtte, als die — alten Schotten, nach
Maasgabe ihrer jetzt aufgefundnen Geſaͤnge. Eine
ſichere Maasgabe, da die Urſpruͤnglichkeit dieſer Lie-
der bewieſen, und das ganze Leben der Nation be-
kannt iſt, als ein Leben, das unter Thaten, Em-
pfindungen und Geſaͤngen verſtrich, und wo die Ge-
ſaͤnge eben zu nichts beſtimmt waren, als dieſe
Thaten und Empfindungen zu verewigen. Dies
alſo vorausgeſetzt: und in jedem Bardenliede zeigt
ſich ein Volk, deſſen Seele ganz der Tapferkeit und
einer feierlichen Liebe flammete; ein Volk, deſſen
Denkart uͤberhaupt von einem Heldenernſt eine ge-
wiſſe melancholiſche Farbe erhalten, und dieſe auch
auf ſeine weichen Empfindungen verbreitete. Die
meiſten Stuͤcke der herſiſchen Dichtkunſt kann ich
nicht beſſer, als feyerliche Trauergeſaͤnge nen-
nen, an die nichts im Alterthume, und was dieſe
Seite des Gefuͤhls betrifft, ſelbſt nichts im griechi-
ſchen Alterthume reicht.
Schilrick a) ſcheidet von ſeiner geliebten Vin-
vela: fern weg, fern weg in Fingals Kriege: er
verlaͤßt ſie: ſie bleibt allein: er wird vielleicht fal-
len; aber Vinvela wird ſein gedenken. Jch ken-
ne
a) Fragmente der alten Hochſchottl. Dichtk. p. 1.
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