[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769.Kritische Wälder. "Homer malet nichts, als fortschreitende Hand- Wenn seine Hebe z. E. uns den Wagen der Ju- tes a) p. 155. b) p. 153. c) p. 167. d) Iliad. E. v. 722 -- 731.
Kritiſche Waͤlder. „Homer malet nichts, als fortſchreitende Hand- Wenn ſeine Hebe z. E. uns den Wagen der Ju- tes a) p. 155. b) p. 153. c) p. 167. d) Iliad. Ε. v. 722 — 731.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0218" n="212"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Kritiſche Waͤlder.</hi> </fw><lb/> <p>„Homer malet nichts, als fortſchreitende Hand-<lb/> lungen: alle Koͤrper, alle einzelne Koͤrper malet er<lb/> nur „durch ihren Antheil an den Handlungen, ge-<lb/> „meiniglich und mit Einem Zuge. Zwingen ihn<lb/> „ja beſondere Umſtaͤnde, unſern Blick auf einen<lb/> „einzelnen koͤrperlichen Gegenſtand laͤnger zu heften:<lb/> „ſo weiſt er durch unzaͤlige Kunſtgriffe dieſen ein-<lb/> „zelnen Gegenſtand in einer Folge von Augenbli-<lb/> „cken, in deren jedem er anders erſcheint <note place="foot" n="a)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 155.</note> —„<lb/> Schoͤn! vortrefflich! die wahre Manier Homers!<lb/> — Nur ob Homer dieſe Manier gewaͤhlt, weil er<lb/><hi rendition="#fr">mit ſucceſſiven Toͤnen ſchildern</hi> wollte <note place="foot" n="b)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 153.</note>, weil er<lb/> koͤrperliche Gegenſtaͤnde anders zu ſchildern verzwei-<lb/> felte, weil er beforgen mußte, daß, wenn er uns in<lb/> der ſchoͤnſten Ordnung von einem theile des Gegen-<lb/> ſtandes fuͤhrte, daß, wenn er uns auch die Verbin-<lb/> dung dieſer Theile noch ſo klar zu machen wuͤßte <note place="foot" n="c)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 167.</note>;<lb/> dem Auge zwar die betrachteten Theile in der Natur<lb/> beſtaͤndig gegenwaͤrtig blieben, fuͤr das Ohr hinge-<lb/> gen die vernommenen Theile, folglich die Muͤhe des<lb/> Dichters, verlohren waͤre — ob deßwegen Homer<lb/> ſeine Gegenſtaͤnde in eine Folge von Augenblicken<lb/> geſetzt, iſt mir nie bei Homer beigefallen.</p><lb/> <p>Wenn ſeine Hebe z. E. uns den Wagen der Ju-<lb/> no Stuͤck vor Stuͤck <hi rendition="#fr">zuſammenſetzt</hi> <note place="foot" n="d)"><hi rendition="#aq">Iliad.</hi> Ε. <hi rendition="#aq">v.</hi> 722 — 731.</note>, ent-<lb/> kommt da der Dichter dem Verſuche, ein Coexſiſten-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">tes</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [212/0218]
Kritiſche Waͤlder.
„Homer malet nichts, als fortſchreitende Hand-
lungen: alle Koͤrper, alle einzelne Koͤrper malet er
nur „durch ihren Antheil an den Handlungen, ge-
„meiniglich und mit Einem Zuge. Zwingen ihn
„ja beſondere Umſtaͤnde, unſern Blick auf einen
„einzelnen koͤrperlichen Gegenſtand laͤnger zu heften:
„ſo weiſt er durch unzaͤlige Kunſtgriffe dieſen ein-
„zelnen Gegenſtand in einer Folge von Augenbli-
„cken, in deren jedem er anders erſcheint a) —„
Schoͤn! vortrefflich! die wahre Manier Homers!
— Nur ob Homer dieſe Manier gewaͤhlt, weil er
mit ſucceſſiven Toͤnen ſchildern wollte b), weil er
koͤrperliche Gegenſtaͤnde anders zu ſchildern verzwei-
felte, weil er beforgen mußte, daß, wenn er uns in
der ſchoͤnſten Ordnung von einem theile des Gegen-
ſtandes fuͤhrte, daß, wenn er uns auch die Verbin-
dung dieſer Theile noch ſo klar zu machen wuͤßte c);
dem Auge zwar die betrachteten Theile in der Natur
beſtaͤndig gegenwaͤrtig blieben, fuͤr das Ohr hinge-
gen die vernommenen Theile, folglich die Muͤhe des
Dichters, verlohren waͤre — ob deßwegen Homer
ſeine Gegenſtaͤnde in eine Folge von Augenblicken
geſetzt, iſt mir nie bei Homer beigefallen.
Wenn ſeine Hebe z. E. uns den Wagen der Ju-
no Stuͤck vor Stuͤck zuſammenſetzt d), ent-
kommt da der Dichter dem Verſuche, ein Coexſiſten-
tes
a) p. 155.
b) p. 153.
c) p. 167.
d) Iliad. Ε. v. 722 — 731.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |