Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797.Sprachseligen Anmuth. Wir Deutsche Jedermann muß bemerkt haben, daß es Neunte Sammlung D
Sprachſeligen Anmuth. Wir Deutſche Jedermann muß bemerkt haben, daß es Neunte Sammlung D
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Sprachſeligen Anmuth. Wir Deutſche
aber, mit unſrer Leichtigkeit? mit un-
ſerm Franzoͤſiſchen Scherz? O alle Gra-
zien und Muſen! —
Jedermann muß bemerkt haben, daß es
im ganzen Europa keine verſchiedenere
Denk- und Mundarten gebe, als die Fran-
zoͤſiſche und Deutſche, ſo nachbarlich ſie
wohnen. Aus keiner Sprache iſt ſo ſchwer
zu uͤberſetzen, als aus der Franzoͤſiſchen,
wenn der Deutſchen Sprache ihr Recht,
ihre urſpruͤngliche Art bleiben ſoll; vol-
lends das Eigenſte derſelben, ihr Geiſt
und Scherz, ihre fluͤchtigen Malereien und
Bezeichnungen, Spiele der Phantaſie und
der leichteſten Bemerkung ſind uns ganz
fremde. Wie ſchwerfaͤllig geht die Fran-
zoͤſiſche Comoͤdie auf unſern Theatern ein-
her! wie hoͤlzern klingen im Deutſchen ihre
froͤhlichſten Geſellſchaftslieder! Und ihre
Neunte Sammlung D
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Zitationshilfe: | Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/56>, abgerufen am 26.06.2024. |