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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797.

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früh ausgespülte, flache Sentimentalität
weinen.

Kennen Sie Swifts Tea-table Mis-
cellanies?
Gehen Sie in die galanten
Cirkel der Deutsch-Französischen Conver-
sation; und suchen Gedanken, suchen wah-
re und angenehme Unterhaltung; Sie wer-
den den alten Swift in Leerheit sowohl
als anmuthigen Fortleitungen des Ge-
sprächs übertroffen finden. "Deutsch spre-
che ich nicht in dieser Gesellschaft: im
Deutschen sagt man immer zu viel, und
hier will ich nichts sagen. Wir zählen einan-
der Zahlpfennige zu; die Deutsche Sprache
will wahre Münze. Sie ist so ehrlich, so herz-
lich wie eine Bauerdirne. Wir sind hier in
guter, d. i. leerer Gesellschaft." Ein solches
Leben, ein solcher Ton der Seele, eine Ge-
wohnheit dieser Art, von Kindheit auf sich zur
Form gemacht; sind sie nicht traurig?

fruͤh ausgeſpuͤlte, flache Sentimentalitaͤt
weinen.

Kennen Sie Swifts Tea-table Miſ-
cellanies?
Gehen Sie in die galanten
Cirkel der Deutſch-Franzoͤſiſchen Conver-
ſation; und ſuchen Gedanken, ſuchen wah-
re und angenehme Unterhaltung; Sie wer-
den den alten Swift in Leerheit ſowohl
als anmuthigen Fortleitungen des Ge-
ſpraͤchs uͤbertroffen finden. „Deutſch ſpre-
che ich nicht in dieſer Geſellſchaft: im
Deutſchen ſagt man immer zu viel, und
hier will ich nichts ſagen. Wir zaͤhlen einan-
der Zahlpfennige zu; die Deutſche Sprache
will wahre Muͤnze. Sie iſt ſo ehrlich, ſo herz-
lich wie eine Bauerdirne. Wir ſind hier in
guter, d. i. leerer Geſellſchaft.“ Ein ſolches
Leben, ein ſolcher Ton der Seele, eine Ge-
wohnheit dieſer Art, von Kindheit auf ſich zur
Form gemacht; ſind ſie nicht traurig?

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[47/0054] fruͤh ausgeſpuͤlte, flache Sentimentalitaͤt weinen. Kennen Sie Swifts Tea-table Miſ- cellanies? Gehen Sie in die galanten Cirkel der Deutſch-Franzoͤſiſchen Conver- ſation; und ſuchen Gedanken, ſuchen wah- re und angenehme Unterhaltung; Sie wer- den den alten Swift in Leerheit ſowohl als anmuthigen Fortleitungen des Ge- ſpraͤchs uͤbertroffen finden. „Deutſch ſpre- che ich nicht in dieſer Geſellſchaft: im Deutſchen ſagt man immer zu viel, und hier will ich nichts ſagen. Wir zaͤhlen einan- der Zahlpfennige zu; die Deutſche Sprache will wahre Muͤnze. Sie iſt ſo ehrlich, ſo herz- lich wie eine Bauerdirne. Wir ſind hier in guter, d. i. leerer Geſellſchaft.“ Ein ſolches Leben, ein ſolcher Ton der Seele, eine Ge- wohnheit dieſer Art, von Kindheit auf ſich zur Form gemacht; ſind ſie nicht traurig?

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/54>, abgerufen am 21.11.2024.