-- "Obrigkeit ändern und Obrigkeit bes- sern, sind zwei Dinge, so weit von einan- der als Himmel und Erde. Aendern mag leichtlich geschehen; bessern ist mißlich und gefährlich. Warum? Es stehet nicht in unserm Willen und Vermögen, sondern al- lein in Gottes Willen und Hand. Der tolle Pöbel aber fragt nicht viel, wie es besser werde, sondern daß es nur anders werde; wenn es denn ärger wird, so will er aber- mal ein Anderes haben. So kriegt er denn Hummeln für Fliegen, und zuletzt Horniße für Hummeln. Und wie die Frösche vorzei- ten auch nicht mochten den Klotz zum Herren leiden, kriegten sie den Storch dafür, der sie auf den Kopf hackte und fraß sie. Es ist ein verzweifelt, verflucht Ding um einen tollen Pöbel, welchen niemand so wohl regieren kann, als die Tyrannen; dieselbi- gen sind der Knittel, dem Hunde an den
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— „Obrigkeit aͤndern und Obrigkeit beſ- ſern, ſind zwei Dinge, ſo weit von einan- der als Himmel und Erde. Aendern mag leichtlich geſchehen; beſſern iſt mißlich und gefaͤhrlich. Warum? Es ſtehet nicht in unſerm Willen und Vermoͤgen, ſondern al- lein in Gottes Willen und Hand. Der tolle Poͤbel aber fragt nicht viel, wie es beſſer werde, ſondern daß es nur anders werde; wenn es denn aͤrger wird, ſo will er aber- mal ein Anderes haben. So kriegt er denn Hummeln fuͤr Fliegen, und zuletzt Horniße fuͤr Hummeln. Und wie die Froͤſche vorzei- ten auch nicht mochten den Klotz zum Herren leiden, kriegten ſie den Storch dafuͤr, der ſie auf den Kopf hackte und fraß ſie. Es iſt ein verzweifelt, verflucht Ding um einen tollen Poͤbel, welchen niemand ſo wohl regieren kann, als die Tyrannen; dieſelbi- gen ſind der Knittel, dem Hunde an den
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— „Obrigkeit aͤndern und Obrigkeit beſ-
ſern, ſind zwei Dinge, ſo weit von einan-
der als Himmel und Erde. Aendern mag
leichtlich geſchehen; beſſern iſt mißlich und
gefaͤhrlich. Warum? Es ſtehet nicht in
unſerm Willen und Vermoͤgen, ſondern al-
lein in Gottes Willen und Hand. Der tolle
Poͤbel aber fragt nicht viel, wie es beſſer
werde, ſondern daß es nur anders werde;
wenn es denn aͤrger wird, ſo will er aber-
mal ein Anderes haben. So kriegt er denn
Hummeln fuͤr Fliegen, und zuletzt Horniße
fuͤr Hummeln. Und wie die Froͤſche vorzei-
ten auch nicht mochten den Klotz zum Herren
leiden, kriegten ſie den Storch dafuͤr, der
ſie auf den Kopf hackte und fraß ſie. Es iſt
ein verzweifelt, verflucht Ding um einen
tollen Poͤbel, welchen niemand ſo wohl
regieren kann, als die Tyrannen; dieſelbi-
gen ſind der Knittel, dem Hunde an den
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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793/42>, abgerufen am 16.02.2025.
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