bringen vermögen, diese Urwärme der Schöpfung, sage ich, ohne welche damals sich so wenig etwas organisiren konnte, als sich jetzt ohne genetische Wärme etwas organisiret, sie hatte sich allen Ausgeburten, die wirklich wurden, mitgetheilt und ist noch jetzt die Triebfeder ihres Wesens. Welche unendliche Menge groben Feuers z. B. riß die Steinmasse unsrer Erde an sich, die noch in ihr schläft oder wirket, wie alle Vulkane, alle brennbare Mineralien, ja jeder geschlagene kleine Kiesel beweiset! Daß Brennbares in der ganzen Vegetation sei und daß das animalische Leben sich bloß mit der Verarbeitung die- ses Feuerstofs beschäftige, ist durch eine Menge neuerer Ver- suche und Erfahrungen bewiesen: so daß der ganze lebendige Kreislauf der Schöpfung der zu seyn scheint, daß das Flüßi- ge vest und das Veste flüßig, das Feuer entwickelt und wieder gebunden, die lebendigen Kräfte mit Organisationen beschränkt und wieder befreyet werden. Da nun die Masse, die der Aus- bildung unsrer Erde bestimmt war, ihre Zahl, ihr Maas, ihr Gewicht hatte: so mußte auch die innere, sie durchwirkende Triebfeder ihren Kreis finden. Die ganze Schöpfung lebt jetzt von einander: das Rad der Geschöpfe läuft umher, ohne daß es hinzuthue: es zerstört und bauet in den genetischen Schranken, in die es der erste schaffende Zeitraum gesetzt hat. Die Natur ist gleichsam durch die Gewalt des Schöpfers vol- lendete Kunst worden und die Macht der Elemente in einen
Kreis-
S s 3
bringen vermoͤgen, dieſe Urwaͤrme der Schoͤpfung, ſage ich, ohne welche damals ſich ſo wenig etwas organiſiren konnte, als ſich jetzt ohne genetiſche Waͤrme etwas organiſiret, ſie hatte ſich allen Ausgeburten, die wirklich wurden, mitgetheilt und iſt noch jetzt die Triebfeder ihres Weſens. Welche unendliche Menge groben Feuers z. B. riß die Steinmaſſe unſrer Erde an ſich, die noch in ihr ſchlaͤft oder wirket, wie alle Vulkane, alle brennbare Mineralien, ja jeder geſchlagene kleine Kieſel beweiſet! Daß Brennbares in der ganzen Vegetation ſei und daß das animaliſche Leben ſich bloß mit der Verarbeitung die- ſes Feuerſtofs beſchaͤftige, iſt durch eine Menge neuerer Ver- ſuche und Erfahrungen bewieſen: ſo daß der ganze lebendige Kreislauf der Schoͤpfung der zu ſeyn ſcheint, daß das Fluͤßi- ge veſt und das Veſte fluͤßig, das Feuer entwickelt und wieder gebunden, die lebendigen Kraͤfte mit Organiſationen beſchraͤnkt und wieder befreyet werden. Da nun die Maſſe, die der Aus- bildung unſrer Erde beſtimmt war, ihre Zahl, ihr Maas, ihr Gewicht hatte: ſo mußte auch die innere, ſie durchwirkende Triebfeder ihren Kreis finden. Die ganze Schoͤpfung lebt jetzt von einander: das Rad der Geſchoͤpfe laͤuft umher, ohne daß es hinzuthue: es zerſtoͤrt und bauet in den genetiſchen Schranken, in die es der erſte ſchaffende Zeitraum geſetzt hat. Die Natur iſt gleichſam durch die Gewalt des Schoͤpfers vol- lendete Kunſt worden und die Macht der Elemente in einen
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bringen vermoͤgen, dieſe Urwaͤrme der Schoͤpfung, ſage ich, ohne
welche damals ſich ſo wenig etwas organiſiren konnte, als ſich
jetzt ohne genetiſche Waͤrme etwas organiſiret, ſie hatte ſich
allen Ausgeburten, die wirklich wurden, mitgetheilt und iſt
noch jetzt die Triebfeder ihres Weſens. Welche unendliche
Menge groben Feuers z. B. riß die Steinmaſſe unſrer Erde
an ſich, die noch in ihr ſchlaͤft oder wirket, wie alle Vulkane,
alle brennbare Mineralien, ja jeder geſchlagene kleine Kieſel
beweiſet! Daß Brennbares in der ganzen Vegetation ſei und
daß das animaliſche Leben ſich bloß mit der Verarbeitung die-
ſes Feuerſtofs beſchaͤftige, iſt durch eine Menge neuerer Ver-
ſuche und Erfahrungen bewieſen: ſo daß der ganze lebendige
Kreislauf der Schoͤpfung der zu ſeyn ſcheint, daß das Fluͤßi-
ge veſt und das Veſte fluͤßig, das Feuer entwickelt und wieder
gebunden, die lebendigen Kraͤfte mit Organiſationen beſchraͤnkt
und wieder befreyet werden. Da nun die Maſſe, die der Aus-
bildung unſrer Erde beſtimmt war, ihre Zahl, ihr Maas, ihr
Gewicht hatte: ſo mußte auch die innere, ſie durchwirkende
Triebfeder ihren Kreis finden. Die ganze Schoͤpfung lebt
jetzt von einander: das Rad der Geſchoͤpfe laͤuft umher, ohne
daß es hinzuthue: es zerſtoͤrt und bauet in den genetiſchen
Schranken, in die es der erſte ſchaffende Zeitraum geſetzt hat.
Die Natur iſt gleichſam durch die Gewalt des Schoͤpfers vol-
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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/337>, abgerufen am 22.11.2024.
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