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Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773.

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setzen, das, wenn es ein Gleim, Ramler
oder Gerstenberg nur etwas einlenkte, wie
viele der Neuern überträfe! --

Der süsse Schlaf, der sonst stillt Alles wohl
Kann stillen nicht mein Herz mit Trauren voll,
Das schafft allein, die mich erfreuen soll!
Kein Speis', kein Trank, mir Lust, noch Nah-
rung geit,

Kein Kurzweil ist, die mir mein Herz erfreut,
Das schafft allein, die mir im Herzen leit!
Kein Gesellschaft ich nicht mehr besuchen mag,
Ganz einig sitz in Unmuth Nacht und Tag,
Das schafft allein, die ich im Herzen trag'.
Jn Zuversicht allein an ihr ich hang'
Und hoff, sie soll mich nicht verlassen lang,
Sonst fiel ich g'wiß ins bittern Todes Zwang.

Jst das Sylbenmaaß nicht schön, die Sprache
nicht stark, der Ausdruck empfunden? Und,
glauben Sie, so würden sich in jeder Art meh-
rere Stücke sinden, wenn nur Menschen wä-
ren, die sie suchten!

Wir haben z. B. viele und vielerley neue
Fabeln, was sagen Sie demohngeachtet aber
zu einer solchen alten Fabel im alten Ausdruck
und Ton:

Kukuk und Nachtigall.
Einmal in einem tiefen Thal
Der Kukuk und die Nachtigal
Eine Wett thäten anschlagen,
Zu singen um das Meisterstück,
Wers

ſetzen, das, wenn es ein Gleim, Ramler
oder Gerſtenberg nur etwas einlenkte, wie
viele der Neuern uͤbertraͤfe! —

Der ſuͤſſe Schlaf, der ſonſt ſtillt Alles wohl
Kann ſtillen nicht mein Herz mit Trauren voll,
Das ſchafft allein, die mich erfreuen ſoll!
Kein Speiſ’, kein Trank, mir Luſt, noch Nah-
rung geit,

Kein Kurzweil iſt, die mir mein Herz erfreut,
Das ſchafft allein, die mir im Herzen leit!
Kein Geſellſchaft ich nicht mehr beſuchen mag,
Ganz einig ſitz in Unmuth Nacht und Tag,
Das ſchafft allein, die ich im Herzen trag’.
Jn Zuverſicht allein an ihr ich hang’
Und hoff, ſie ſoll mich nicht verlaſſen lang,
Sonſt fiel ich g’wiß ins bittern Todes Zwang.

Jſt das Sylbenmaaß nicht ſchoͤn, die Sprache
nicht ſtark, der Ausdruck empfunden? Und,
glauben Sie, ſo wuͤrden ſich in jeder Art meh-
rere Stuͤcke ſinden, wenn nur Menſchen waͤ-
ren, die ſie ſuchten!

Wir haben z. B. viele und vielerley neue
Fabeln, was ſagen Sie demohngeachtet aber
zu einer ſolchen alten Fabel im alten Ausdruck
und Ton:

Kukuk und Nachtigall.
Einmal in einem tiefen Thal
Der Kukuk und die Nachtigal
Eine Wett thaͤten anſchlagen,
Zu ſingen um das Meiſterſtuͤck,
Wers
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[54/0058] ſetzen, das, wenn es ein Gleim, Ramler oder Gerſtenberg nur etwas einlenkte, wie viele der Neuern uͤbertraͤfe! — Der ſuͤſſe Schlaf, der ſonſt ſtillt Alles wohl Kann ſtillen nicht mein Herz mit Trauren voll, Das ſchafft allein, die mich erfreuen ſoll! Kein Speiſ’, kein Trank, mir Luſt, noch Nah- rung geit, Kein Kurzweil iſt, die mir mein Herz erfreut, Das ſchafft allein, die mir im Herzen leit! Kein Geſellſchaft ich nicht mehr beſuchen mag, Ganz einig ſitz in Unmuth Nacht und Tag, Das ſchafft allein, die ich im Herzen trag’. Jn Zuverſicht allein an ihr ich hang’ Und hoff, ſie ſoll mich nicht verlaſſen lang, Sonſt fiel ich g’wiß ins bittern Todes Zwang. Jſt das Sylbenmaaß nicht ſchoͤn, die Sprache nicht ſtark, der Ausdruck empfunden? Und, glauben Sie, ſo wuͤrden ſich in jeder Art meh- rere Stuͤcke ſinden, wenn nur Menſchen waͤ- ren, die ſie ſuchten! Wir haben z. B. viele und vielerley neue Fabeln, was ſagen Sie demohngeachtet aber zu einer ſolchen alten Fabel im alten Ausdruck und Ton: Kukuk und Nachtigall. Einmal in einem tiefen Thal Der Kukuk und die Nachtigal Eine Wett thaͤten anſchlagen, Zu ſingen um das Meiſterſtuͤck, Wers

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_artundkunst_1773/58>, abgerufen am 27.11.2024.