Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773.
Nun
Nun
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„Dein Wort und Treu geb ich dir nicht,
Geb’s nimmer wieder Dir!
„Bis du mich fuͤhrſt zur Kirch’ hinan
Mit Treuering dafuͤr!‟
Und an der Kirche lieg’ ich ſchon
Und bin ein Todtenbein!
’S iſt, ſuͤſſes Hannchen, nur mein Geiſt,
Der hier zu dir kommt ein!
Ausſtreckt ſie ihre Liljenhand
Streckt bebend ſie ihm zu:
„Da, Wilhelm, haſt du Wort und Treu,
Und geh, und geh zur Ruh!
Und ſchnell warf ſie die Kleider an
Und ging dem Geiſte nach,
Die ganze lange Winternacht
Ging ſie dem Geiſte nach.
„Jſt, Wilhelm, Raum noch, dir zu Haupt,
Noch Raum zu Fuͤſſen dir?
„Jſt Ranm zu deiner Seite noch,
So gib, o gib ihn mir!
Zu Haupt und Fuß iſt mir nicht Raum
Kein Raum zur Seite mir!
Mein Sarg iſt, ſuͤſſes Hannchen, ſchmal
Das ich ihn gebe Dir!
Da kraͤht der Hahn! da ſchlug die Uhr!
Da brach der Morgen fuͤr!
„Ach, Hannchen, nun, nun kommt die Zeit,
Zu ſcheiden weg von Dir!‟
Der Geiſt — und mehr, mehr ſprach er nicht
Und ſeufzte traurig drein
Und ſchwand in Nacht und Dunkel hin
Und ſie, ſie ſtand allein!
„Bleib, treue Liebe! bleibe| noch
Dein Maͤdchen rufet dich!‟
Da brach ihr Blick! ihr Leib der ſank,
Und ihre Wang’ erblich! —
Nun
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