Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773.rühmen darf, vielweniger der Franzos. Und Aber zu dir, theurer Jüngling, gesell ich nen, J 2
ruͤhmen darf, vielweniger der Franzos. Und Aber zu dir, theurer Juͤngling, geſell ich nen, J 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0135" n="131"/> ruͤhmen darf, vielweniger der Franzos. Und<lb/> wenn du dir ſelbſt dieſen Vorzug nicht zuge-<lb/> ſtehen willſt, ſo erweis uns, daß die Gothen<lb/> ſchon wirklich ſo gebaut haben, wo ſich einige<lb/> Schwuͤrigkeiten finden werden. Und, ganz<lb/> am Ende, wenn du nicht darthuſt, ein Ho-<lb/> mer ſey ſchon vor dem Homer geweſen, ſo<lb/> laſſen wir dir gerne die Geſchichte kleiner ge-<lb/> lungner und mißlungner Verſuche, und tre-<lb/> ten anbetend vor das Werk des Meiſters, der<lb/> zuerſt die zerſtreuten Elemente, in Ein leben-<lb/> diges Ganze zuſammen ſchuf. Und du, mein<lb/> lieber Bruder im Geiſte des Forſchens nach<lb/> Wahrheit und Schoͤnheit, verſchließ dein<lb/> Ohr vor allem Wortgeprahle uͤber bildende<lb/> Kunſt, komm, genieſſe und ſchaue. Huͤte<lb/> dich, den Namen deines edelſten Kuͤnſtlers<lb/> zu entheiligen, und eile herbey, daß du ſchaueſt<lb/> ſein trefliches Werk. Macht es dir einen<lb/> widrigen Eindruck, oder keinen, ſo gehab dich<lb/> wohl, laß einſpannen, und ſo weiter nach Paris.</p><lb/> <p>Aber zu dir, theurer Juͤngling, geſell ich<lb/> mich, der du bewegt da ſtehſt, und die Wi-<lb/> derſpruͤche nicht vereinigen kannſt, die ſich in<lb/> deiner Seele kreuzen, bald die unwiderſteh-<lb/> liche Macht des groſſen Ganzen fuͤhlſt, bald<lb/> mich einen Traͤumer ſchiltſt, daß ich da Schoͤn-<lb/> heit ſehe, wo du nur Staͤrke und Rauheit<lb/> ſiehſt. Laß einen Mißverſtand uns nicht tren-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">J 2</fw><fw place="bottom" type="catch">nen,</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [131/0135]
ruͤhmen darf, vielweniger der Franzos. Und
wenn du dir ſelbſt dieſen Vorzug nicht zuge-
ſtehen willſt, ſo erweis uns, daß die Gothen
ſchon wirklich ſo gebaut haben, wo ſich einige
Schwuͤrigkeiten finden werden. Und, ganz
am Ende, wenn du nicht darthuſt, ein Ho-
mer ſey ſchon vor dem Homer geweſen, ſo
laſſen wir dir gerne die Geſchichte kleiner ge-
lungner und mißlungner Verſuche, und tre-
ten anbetend vor das Werk des Meiſters, der
zuerſt die zerſtreuten Elemente, in Ein leben-
diges Ganze zuſammen ſchuf. Und du, mein
lieber Bruder im Geiſte des Forſchens nach
Wahrheit und Schoͤnheit, verſchließ dein
Ohr vor allem Wortgeprahle uͤber bildende
Kunſt, komm, genieſſe und ſchaue. Huͤte
dich, den Namen deines edelſten Kuͤnſtlers
zu entheiligen, und eile herbey, daß du ſchaueſt
ſein trefliches Werk. Macht es dir einen
widrigen Eindruck, oder keinen, ſo gehab dich
wohl, laß einſpannen, und ſo weiter nach Paris.
Aber zu dir, theurer Juͤngling, geſell ich
mich, der du bewegt da ſtehſt, und die Wi-
derſpruͤche nicht vereinigen kannſt, die ſich in
deiner Seele kreuzen, bald die unwiderſteh-
liche Macht des groſſen Ganzen fuͤhlſt, bald
mich einen Traͤumer ſchiltſt, daß ich da Schoͤn-
heit ſehe, wo du nur Staͤrke und Rauheit
ſiehſt. Laß einen Mißverſtand uns nicht tren-
nen,
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