dem er also auch unverbesserlich handle; aber er hat freien Raum, sich an vielem zu üben, mithin sich immer zu verbessern. Jeder Gedanke ist nicht ein unmittelbares Werk der Natur, aber eben da- mit kanns sein eigen Werk werden.
Wenn also hiermit der Jnstinkt wegfallen muß, der blos aus der Organisation der Sinne und dem Bezirk der Vorstellungen folgte, und keine blinde Determination war; so bekommt eben hiemit der Mensch, "mehrere Helle." Da er auf keinen Punkt blind fällt und blind liegen bleibt: so wird er freistehend, kann sich eine Sphäre der Bespiegelung suchen, kann sich in sich bespiegeln. Nicht mehr eine unfehlbare Maschine in den Händen der Natur, wird er sich selbst Zweck und Ziel der Bearbeitung.
Man nenne diese ganze Disposition seiner Kräf- te, wie man wolle, Verstand, Vernunft, Besin- nung u. s. w. Wenn man diese Namen nicht für abgesonderte Kräfte, oder für bloße Stuffenerhö- hungen der Thierkräfte annimmt: so gilts mir gleich. Es ist die "ganze Einrichtung aller "menschlichen Kräfte; die ganze Haushal-
"tung
dem er alſo auch unverbeſſerlich handle; aber er hat freien Raum, ſich an vielem zu uͤben, mithin ſich immer zu verbeſſern. Jeder Gedanke iſt nicht ein unmittelbares Werk der Natur, aber eben da- mit kanns ſein eigen Werk werden.
Wenn alſo hiermit der Jnſtinkt wegfallen muß, der blos aus der Organiſation der Sinne und dem Bezirk der Vorſtellungen folgte, und keine blinde Determination war; ſo bekommt eben hiemit der Menſch, „mehrere Helle.„ Da er auf keinen Punkt blind faͤllt und blind liegen bleibt: ſo wird er freiſtehend, kann ſich eine Sphaͤre der Beſpiegelung ſuchen, kann ſich in ſich beſpiegeln. Nicht mehr eine unfehlbare Maſchine in den Haͤnden der Natur, wird er ſich ſelbſt Zweck und Ziel der Bearbeitung.
Man nenne dieſe ganze Diſpoſition ſeiner Kraͤf- te, wie man wolle, Verſtand, Vernunft, Beſin- nung u. ſ. w. Wenn man dieſe Namen nicht fuͤr abgeſonderte Kraͤfte, oder fuͤr bloße Stuffenerhoͤ- hungen der Thierkraͤfte annimmt: ſo gilts mir gleich. Es iſt die „ganze Einrichtung aller „menſchlichen Kraͤfte; die ganze Haushal-
„tung
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dem er alſo auch unverbeſſerlich handle; aber er
hat freien Raum, ſich an vielem zu uͤben, mithin
ſich immer zu verbeſſern. Jeder Gedanke iſt nicht
ein unmittelbares Werk der Natur, aber eben da-
mit kanns ſein eigen Werk werden.
Wenn alſo hiermit der Jnſtinkt wegfallen
muß, der blos aus der Organiſation der Sinne
und dem Bezirk der Vorſtellungen folgte, und
keine blinde Determination war; ſo bekommt eben
hiemit der Menſch, „mehrere Helle.„ Da er
auf keinen Punkt blind faͤllt und blind liegen bleibt:
ſo wird er freiſtehend, kann ſich eine Sphaͤre der
Beſpiegelung ſuchen, kann ſich in ſich beſpiegeln.
Nicht mehr eine unfehlbare Maſchine in den
Haͤnden der Natur, wird er ſich ſelbſt Zweck und
Ziel der Bearbeitung.
Man nenne dieſe ganze Diſpoſition ſeiner Kraͤf-
te, wie man wolle, Verſtand, Vernunft, Beſin-
nung u. ſ. w. Wenn man dieſe Namen nicht fuͤr
abgeſonderte Kraͤfte, oder fuͤr bloße Stuffenerhoͤ-
hungen der Thierkraͤfte annimmt: ſo gilts mir
gleich. Es iſt die „ganze Einrichtung aller
„menſchlichen Kraͤfte; die ganze Haushal-
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Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_abhandlung_1772/48>, abgerufen am 16.02.2025.
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